"manche Anweisungshäftlinge landeten früher oder später im Strafblock, weil sie den Versuchungen zur Schiebermöglichkeit nicht hatten wider- stehen können.
Die Aufseherinnen waren ähnlich gekleidet wie die Blitzmädel. Sie trugen hohe Schaftstiefel. Die Aufseherinnen des Außendienstes führten z.T. bissige Hunde bei sich, die jeden anfielen, der sich fluchtverdächtig machte. Daß die Aufseherinnen unbeschreiblich roh waren, bedarf keiner näheren Beschreibung. Aber es gab auch Ausnahmen.
Einmal versetzte mir eine Aufseherin, die gerade den Appell abnahm, und die ich nicht hatte kommen hören, weil ich sprach, eine Ohrfeige mit solcher Wucht, daß ich wie ein Brett nach hinten umfiel und— mit dem Kopf dicht neben einer steinernen Bordschwelle— liegen blieb. Die Umstehenden glaubten, ich wäre tot. Frau Kobler und Frau Schmoll hoben mich auf.(Letztere eine Händlersfrau aus Bierstadt bei Wiesbaden , die 2 Jahre saß, weil sie einem Juden 5 Eier verkauft hatte und denun- ziert worden war!) N
Die Blockschreiberinnen auf den überfüllten Blocks hatten zuweilen Tag und Nacht zu tun. Alles mußte verbucht und statistisch überwacht werden: Essensportionen, Bettenbelegung, Krankeneinlieferung ins Re- vier, Verlegungen, Ab- und Zugänge, Strafen usw.
Der Tag begann folgendermaßen: Um 1/4 Uhr morgens wurde geweckt, um 155 Uhr mußte man sich zum Zählappell anstellen. Solange dauerte ks, bis alles klappte, die„Langschläfer‘“ aus den Betten getrieben, der Kaffee geholt und ausgeteilt war, Betten gemacht— alles ging mit viel Geschrei vor sich. Um 6 Uhr wurde der Zählappell abgenommen(während des letzten Winters fiel dieser erste Appell mehr und mehr weg, da die Beleuchtung versagte).— Um 6 Uhr mußte man sich sofort zum 2. Appell anstellen, der sogenannten„Arbeitsformierung“. Zu tausenden standen die Frauen in endlosen Kolonnen zum Einrücken in die Betriebe, bzw. zum Ausrücken auf die Felder bereit. Um 7 Uhr begann die Arbeit. Bis dahin hatte man schon 31/; Stunden herumgestanden, bzw. Appell gestan- den und meistens nichts als etwas schwarzen Kaffee im Magen und was man sich von der Brotration von anfangs 300 g, später 200 g täglich, vom Abend vorher aufgespart hatte. Das Brot war der bei weitem hochwer- tigste Bestandteil der ganzen Nahrung. Es war gut ausgebackenes Schwarzbrot.£
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