mit Schlüsselgewalt. Zur Erlangung derselben waren sich Freunde, ins- besondere politische Freunde oder Landsleute, einander gern behilflich. Über diese Beziehungen ließe sich eine besondere soziologische Studie schreiben.
Man glaube nicht, daß es in einem von außen so monoton wirkenden Lager mit 40000 Frauen etwa keine Rangunterschiede gäbe. Die soziale Schätzung erfolgte je nachdem, was einer zu bieten hatte. Der Mensch als solcher zählte nicht, wohl aber die Stellung, die er sich unter Umstän- den selber schuf, sei es auf ehrliche Weise, sei es durch Schiebung und Talent zum„organisieren“, von dem dann möglichst viele mit zu profi- tieren suchten.
Je nach Auftreten gefürchtet oder umworben waren die Anweisungs- häftlinge, die Vertrauensposten der Verwaltung inne hatten und gut oder schlecht über einen berichten konnten, dem einen gute, dem anderen schlechte Arbeit zuschanzten usw. Dasselbe galt von den Blockältesten und ihrem Stabe. Jede Blockälteste hatte 2 Stubenältdste zur Seite. Jeder Block hatte eine A- und eine B-Seite mit je einer Belegschaft von "350—1000 Frauen. Es stand diesen zur Verfügung: Ein Tagesraum (Stube), ein Schlafraum, ein Waschraum und 12 Toiletten. Von letzteren waren meistens über die Hälfte teils mit Privatkram(Hamsterwaren) (der Innendienstler oder Holz für den Block und dergl. angefüllt, teils verstopft. Häufig wurden sie absichtlich nicht repariert, damit die Toi- lettenfrauen nicht soviel zu reinigen hatten. So kam es, daß viele unter sich oder in die Betten machten, weil die Toiletten nicht frei waren. In manchen Blocks stand man ständig Schlange. Daß durch die entsetzliche Unsauberkeit die während des letzten Jahres infolge der Überfüllung
‚des Lagers herrschende Typhusepidemie überhandnahm, kümmerte die Betreffenden nicht. Die Revierarbeiterinnen wurden gegen Typhus ge- impft. Trotzdem erlagen sogar Ärztinnen der furchtbaren Seuche.
Es ist in Betracht zu ziehen, daß in jeder Massenversorgung, bei der es knapp zugeht, ein gewisser Prozentsatz der Vorräte von den Schlüssel- gewaltigen, die sich auf Kosten der übrigen alles leisten, beiseite geschafft wird. Die Ernährungskatastrophe im K.Z. wäre nicht so fürchterlich gewesen, wenn nicht kesselweise das Essen„verschoben“ und die win- zigen Portionen von Margarine(30 g) mit je einem Harzer Käse oder einer ebenso großen Scheibe Wurst, die es am Sonnabend und Sonntag anstelle der Abendsuppe gab, desgleichen die etwa 50 Gramm Kunsthonig oder Marmelade am Mittwoch, bis auf die Hälfte gekürzt
42


