Nachts lagen wir gegen 15 Personen wie die Sardinen in der Büchse auf dem Fußboden eng nebeneinander. Die 4 Betten waren für Kranke und Greise bzw. für die Stubenältesten. Öfters hatten wir Frauen von 80 und mehr Jahren bei uns, auch Gelähmte und Schwerkranke.'Tags- über diente die etwa 16 qm'große Zelle als Wohn-,-, Waschraum und Toilette. Frauen, die schon im Jahre 1936 einmal Zelle 17 bewohnt hatten, erzählten, daß damals nur 4 Personen darin untergebracht waren, in der großen Zelle 4 nur etwa 15(statt über hundert), in den Zellen 18, 19, 20 insgesamt höchstens 30(statt über 200 zu unsrer Zeit).

Himmler hatte es fertig gebracht, Frauen aus aller Welt einzusperren und dadurch einen Haß ohnegleichen zu entfachen. Die meisten waren nur von dem einen Gedanken besessen, sich sobald sie wieder frei wären an den Denunzianten zu rächen. An den Wänden las man viel- fach das Zitat aus dem Faust:Doch wenn es keine Hexen gäbe, wer, Teufel, möchte Teufel sein?. Die Kommunisten sangen:Bald kommt der Tag, da wir uns rächen, dann werden wir die Richter sein!

Manchmal kamen wir wochenlang keinen Schritt heraus, und auch dann nur zu 20 Minuten Laufschritt auf dem häßlichen Hof, in den die Gitterfenster hinunterstarrten. Alle 2 Minuten raste ein Stadtbahnzug an den Fenstern vorbei. Nur nachts zwischen 24 Uhr war Pause. Wollte man gerade einschlafen, so kam sicherlich ein Lastkraftwagen vorbeigerattert oder die Wanzen ließen einem keine Ruhe. Jeden Don- nerstag Nacht standen oder lagen vor unserer Tür dichtgedrängt ie K.Z.-Kanditaten, die tagsüber von-den verschiedenen Gegenden ein- gelaufen waren und früh um 4 Uhr abtransportiert wurden.

Ich hatte die ersten 3 Monate auf eigenen Wunsch eine Einzelzelle (Nr.15) bekommen. Kriminalrat Sander hatte mir Schreiberlaubnis er- teilt. So konnte ich laufend Schriftsätze ausarbeiten, deren Verwirklichung das ganze unsoziale Getriebe beseitigt und gesittete Verhältnisse geschaf- fen hätte. Aber meine SOS-Rufe drangen nicht durch. Später erfuhr ich, daß Sander aus meinen Akten alles beseitigt habe, was nach seiner Meinung mir den Kopf gekostet hätte.

Die letzten 5 Wochen meiner Berliner Haft verbrachte ich im Schö- neberger Barackenlager am Bahnhof Papestraße(dicht bei meinem Klein- garten!). Wenige Tage nach meinem Abtransport wurde dieses Lager mit über 300 Gefangenen ein Opfer der Bomben und Raub der Flammen.

DiePolitische Zelle 17 im Polizeipräsidium war aufgelöst worden. Die meisten ihrer Insassen, von denen ich während der 14 Monate

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