gesetzt. Derartige Fälle hatten wir öfters. Frau Willmann lebte in sehr
glücklicher Ehe und litt um ihren Mann mehr als um sich selber. Sie E
konnte die Unbill nicht lange ertragen, obgleich sie hernach im K.Z. von der Blockleiterin, einer alten Wiener Kommunistin„Hansi“, als Ver- wandte des österreichischen Kaiserhauses und wirklich hoheitsvolle Frau, geradezu vergöttert und sehr geschont und mit Zusatznahrurg und Woll- sachen im kalten Winter versorgt wurde.—
Frau Bergmann war in 1. Ehe mit dem im ersten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger gefallenen Besitzer der Frankfurter Zeitung , Simon, ver- heiratet gewesen, in 2. Ehe mit dem durch Autounfall ums Leben gekom- menen Grafen Schack-München, in 3. Ehe mit dem inzwischen ver- storbenen Papierfabrikanten Bergmann- Berlin. Als ihre Nichte mit ihrem Freund sie eines Tages in ihrer Villa am Starnberger See aufsuchte, wo jedes Stück ein Kunstwerk darstellte, hatte der Freund an der Villa solches Gefallen, daß er Frau Bergmann wegen„politischer Äußerungen“ anzeigte und kurze Zeit darauf die Villa selber bezog. Frau Bergmann hinterließ außer zwei Nichten keine weiteren Erben.
Frau Bergmann war, bevor sie nach Zelle 17 kam, schon einige Jahre in einer Irrenanstalt eingesperrt gewesen, einer kirchlichen Nerven- heilanstalt in Bayern , wo sie mehrere Zimmer, eine eigene Wärterin und allen Komfort hatte und dafür täglich 40.— RM zahlte. Da ihr nur die Wahl zwischen K.Z. und Irrenanstalt geblieben war(ein häufiger Fall!), hatten ihre 3 Rechtsanwälte, die bei dieser Gelegenheit jeder ein ganzes Vermögen schluckten, sie zunächst in die Irrenanstalt manövriert. Welchen seelischen Qualen diese temperamentvolle und eigenwillige Frau ausgesetzt war, läßt sich nicht beschreiben. Vor allem kamen bei ihr wäh- rend der Haft, wo man weit unter dem Existenzminimum gehalten wurde, Eigenschaften zum Vorschein, deren sie sich früher nicht bewußt war. Sie, die das Talent zur großen Dame hatte und— wie ihre von früher! her mit ihr bekannten Rivalinnen im K.Z. bezeugten— in Karlsbad mit Georg von England morgens auszureiten pflegte und auch mit Wilhelm II. gesellschaftlich und freundschaftlich zusammentraf, die sich durch ihr Erzählertalent, ihren Humor und ihre Herzensgüte viele Freunde erwarb, wurde durch die Rangabläufer, die nur herrschen wollten, fortgesetzt . kompromittiert. i
Diese Rangabläufer, die selbst in der engen Zelle dauernd intrigierten und Cliquen bildeten, verstanden es, im allgemeinen so zu bluffen, daß der Durchschnitt über ihre platten Redensarten und Witze lachte. Sobald
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