len und Steine unter die Kohle zu mischen. Beim Heranbringen der Förderwagen an eine Hauptstrecke wurden Entgleisungen zur geübten Praxis. Hier ging bei der Wiederherstellung sehr viel Zeit verloren, insbesondere wenn Berge(Steine) geladen waren. Dazu gehörte sehr oft das Lösen von Laschen an den Schienen. Mancher Maschinist hat nicht schlecht geflucht, wenn er seine Maschine an den Zug koppeln wollte, ihm jedoch plötzlich die Zugkette fehlte. Zu einem ungeheuren Hemmnis des schnellen Ausbaues eines Stollens wirkte sich die Knapp- heit an sogenannten Kappschuhen aus. Das sind schmiedeeiserne Kappen, die auf die Abstützstempel gelegt werden, damit die Querschiene sich nicht eindrückt. Hunderte solcher Kappen sind allein in dem Stollen, in dem ich arbeitete,„spurlos verschwunden“. Öl, womit die Gruben- lokomotiven angetrieben werden, wurde kannenweise in Bergversenkun- gen geschüttet. Beim Verbauen wurden Grubenhölzer zum Ausfüllen mit dem Geröll verschwendet.
Traf ich mich allwöchentlich mit meinem Freund Hermann, sei es im Heizraum des Lagerbades oder an der Müllgrube, so überprüften wir jedesmal die Ergebnisse dieser Widerstandsarbeit. Obwohl die Leistung in dieser Richtung, da sie von vielen kleinen Gruppen bewerkstelligt wurde, recht beachtlich war, gaben wir uns doch nie zufrieden. Unsere Aussprache, die naturgemäß auch der politischen Information diente, ließ uns die Bedeutung des massenmäßigen Widerstandes immer klarer er- scheinen. Jeder Sieg, jeder Vormarsch der alliierten Armeen beflügelte unsere Aktivität. Dennoch hatten wir kühlen Kopf zu bewahren, um nicht durch Leichtfertigkeiten und Unüberlegtheiten unsere Organisation zu gefährden.;
Kinder unserer Tage
Eines Tages trauten wir unseren Augen kaum, als ein Trupp von rund 160 Kindern im Alter von 11 bis 17 Jahren in das Lager einrückte. Es handelte sich um die Kinder ungarischer Juden, die das„Verbrechen“ begangen hatten, am Fuße der Karpathen in friedlichen Dörfern zu woh- nen, wo Vater und Mutter sie aufzogen. Bei ihrer Geburt hatten sie aller- dings den Fehler gemacht, Juden zu werden. Die gute Karpathennatur hatte ihnen daraus zwar nie einen Vorwurf gemacht. Im Gegenteil, die Sonne beschien dort die„ungerechten“ Juden mit derselben Freundlich- keit wie die„gerechten“ Arier. Seit der braune Usurpator aus Braunau jedoch Ungarn als seine Domäne behandelte, war es aus mit dem kind- lichen Spiel und der naturgegebenen Ruhe dieser Landschaft. Das Brül- len und Kommandieren der vertierten Nazihorden schien das Blöken der Kälber und Schafe auf den Weiden zu übertönen. Die jüdischen Familien wurden auf den Marktplätzen zusammengetrieben ohne Rück- sicht auf Alter und Geschlecht. In Viehwaggons verladen, aber viel schlechter als Vieh behandelt, denn es gab kein Stroh, auf dem die Zu- sammengepferchten hätten lagern können, wurden sie nach Oberschlesien verschleppt.
Fast alle Eltern dieser Kinder haben bei der Vergasung in Auschwitz- Birkenau ihr qualvolles Ende gefunden. Die meisten Jungen ahnten
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