mehr aufzuflackern. Solche zerquälten und mißhandelten Menschen lassen dann alle moralischen Hemmungen fal- len und werden schlimmer als je zuvor.
- Ach, die einmal gezeichnet sind, ob zu Recht oder Un- - recht, sie müssen den Makel tragen ihr Leben hindurch, ihre Herzen sind allzu tief erschreckt, und die Menschen fühlen es, sie spüren es, daß wir sie scheuen, ja sie ver- - abscheuen. Und wenn sie nun gar so furchtbar willkür- lich mißhandelt werden? Das verzeihen sie nie, und immer breiter und tiefer klafft die Kluft. Sie wußten es gut, daß die, die sie schlugen und peitschten, Freude an ihren Schmerzen hatten. Das konnten sie nicht verwin- den. Darum blieben sie voller Mißtrauen. Die Schmer- zen hatten alle ihre Sinne äußerst geschärft. Sie wurden wie die wilden Tiere, die ohne Besinnung dem tiefsten Abgrund zustürzten.
Acht Tage Dunkel-Arrest— Entfesselte Unterwelt
„O meine Zeit, so namlos zerrissen,
so ohne Stern, so daseinsarm im Wissen
wie du will keine, keine mir erscheinen. ß
Noch hob ihr Haupt so hoch niemals die Sphinx,
du aber siehst am Wege rechts und links i
furchtbar vor Qual des Wahnsinns Abgrund weinen”. (Hermann Klemm)
Schon viele aus der großen Zahl der mir Anvertrauten hätte ich in den Arrestbau begleiten müssen. Das war stets ein Opfergang; denn wir Häftlinge wußten es alle, daß der Zellenbau das Schaurigste war, was ein Men- schenhirn überhaupt ausbrüten konnte. Wie habe ich
_ immer so gern auch noch an den verworfensten und aus- gestoßensten Menschen geglaubt! Aber seitdem ich die- sen Bau kennengelernt habe, weiß ich, daß es kein Tier ‚auf Erden gibt, das abscheulicher, gemeiner, grausamer, zügelloser sein kann als die Bestie Mensch.
In diesem Zellenbau wurden auch die Stockhiebe aus-
- geteilt vom Kommandanten persönlich, vom Wachperso- nal, Männern und Frauen. Aber die Mehrzahl der Auf-
’ Herbermann, Der gesegnete Abgrund 97


