lassungsstunde schlagen werde, enthielt das Protokoll, das nach Berlin gesandt werden sollte, doch nichts, was meine Einlieferung in ein Konzentrationslager hätte rechtfertigen können. Doch wie sollte ich enttäuscht werden!—
Aber eine Erleichterung hatte ich inzwischen doch er- langt. Ich durfte wenigstens etwas arbeiten in den letz- ten Wochen meines Aufenthaltes im Münsterischen Ge- richtsgefängnis, ohne daß die Gestapo davon erfuhr. Diese Seligkeit, eine Beschäftigung zu haben! Mein Gott, es ist nicht zu beschreiben, wie Untätigkeit unglücklich macht! Wie sie mich bald zum Wahnsinn trieb! Ich nähte nun für die Firma Mondt an Militärhosen einen Knopf nach dem andern an, Stunde für Stunde, Tag für Tag, Woche für Woche. Tausende von Knöpfen habe ich in diesen Wochen angenäht! Da diese Knöpfe mit starkem Zwirn angenäht wurden, der die Haut meiner Finger durchschnitt, sodaß sie bluteten, mußte ich einige Tage wegen dieser unscheinbaren, aber stark schmerzen- den Verletzung aussetzen, bis eben an Stelle der Wun- den sich langsam Schwielen gebildet hatten. Fräulein Mondt durfte ausnahmsweise, um mir die Arbeit auf- zutragen, zu mir in die Zelle. Auch das war ein Licht- blick, hatte sie doch stets ein verstehendes Wort und manchmal auch eine kleine, nahrhafte Überraschung für mich,
Dann kam der Monat Juli 1941 mit den furchtbaren nächtlichen Luftangriffen auf unser schönes Münster . Wie ich in diesen Nächten gezittert habe vor Angst und Grauen, das weiß Gott allein. Wir mußten alle in unse- ren Zellen hinter den dicken, verriegelten Türen bleiben und zwar oben im zweiten Stock. Noch habe ich den Jammer und das Angstgeschrei der armen Häftlinge in den Ohren. Ringsherum schlugen die Bomben ein. Ich zog mich zwischendurch mal wieder hoch an meinen Eisengittern und sah die Stadt taghell, an allen Ecken brennend, sah und hörte ganze Häuserreihen einstürzen und immer der Gedanke: Gleich trifft es dich. Kaum meinte man, nun ist's vorüber, da kam eine neue Welle,
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