,, Ihren Brief vom 8. 6. 37 habe ich erhalten. Ich habe ihn persönlich gelesen. Ihren Vorschlag kann ich leider nicht annehmen.

H. Kimber

Du wurdest nicht nur nicht entlassen, sondern nach Buchenwald überführt. Dein schlimmstes Jahr

begann.

Nachrichtenhelferin wider Willen

Zu dieser Zeit wurde ich vom Polizeirevier nach Einholung von Auskünften für würdig und fähig be­funden, im damals, noch geheim arbeitenden Nach­richtendienst eingesetzt zu werden. Meine Wirtin hatte mir gesagt, daß sich ein Polizeibeamter wieder­holt eingehend nach mir erkundigt hatte, was mir einen nicht geringen Schrecken eingejagt hatte. Als des Rätsels Lösung bekam ich jedoch eines Tages eine keinen Widerspruch duldende Verpflichtungs­urkunde und mußte nun zwangsweise teilnehmen an Deutschlands Kriegsvorbereitungen. Alles war bei uns streng geheim und unter Strafe gestellt. Ich habe nie begriffen, warum ich dieser Ehre" teilhaftig geworden bin. Damals waren die meisten dieser Nach­richtenhelferinnen Studentinnen. In unserem Arbeits­buch standen wir je nach unserem Werdegang mit einer Nummer verzeichnet. Diese Nummer befand sich auch auf dem Polizeirevier auf unserer Kartei­karte. Ich nehme danach an, daß mein Besuch der Hochschule für Politik von 1930 bis 1932 maßgebend gewesen ist.

Etwas möchte ich hier noch einfügen. Bei einer Übung im Frühjahr 1938 sprach unseré Ausbildnerin von der Möglichkeit eines Krieges. Eine rief: ,, Aber daran ist doch garnicht zu denken!", worauf unsere im übrigen sehr nette Führerin mit geheimnisvoller Miene sagt: ,, Kinder, Kinder, wartet.nur bis zum Herbst!"

Wußte sie damals schon, daß unsere Minderheiten in Böhmen so ,, unmenschlich drangsaliert" werden würden?

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Übrigens traten auch hier die Gegensätze zwischen Wehrmacht und Partei zutage. Der Deutsche Gruß wurde von uns nicht angewandt. Eine andere Aus­bildnerin äußerte sich eines Tages sehr empört über diese Tatsache, worauf die oben erwähnte Kollegin ruhig erwiderte: ,, Innerhalb der Familie ist dieser Gruß auch nicht üblich. Ich muß also annehmen, daß sich die Mädels hier sehr wohl und gewissermaßen wie im Schoße der Familie fühlen."

Neue Ausblicke,

Eine große Freude brachte mir in diesem Jahre der zweimalige Besuch von Grace Beaton in Berlin . Sie hatte die Reise mit ihrem Aszt unternommen und wollte für Dich und Deine Leidensgefährten ver­schiedene Pläne ausführen.

Da hörte ich dann von einem Unbekannten, der. ein ganz neues Projekt zu Deiner Rettung ent­wickelt hätte. Dieser Herr würde sich eines Tages bei mir melden.

Mit neu belebter Hoffnung sah ich diesem inter­essanten Treffen entgegen.

Weihnachten 1937.

? wird mitgeteilt, daß Häftlinge in einem Konzen­trationslager keine Weihnachtspakete empfangen dürfen." Im Januar 1938 kam dann die erwartete Aut­forderung eines Herrn v. Z., ihn in seinem Hotel aufzusuchen. Ich hatte eine längere Unterredung mit ihm und bekam Einsicht in seine Korrespondenz mit Henlein , dem Führer der Sudetendeutschen , Seiß­Inquart und anderen Nazi- Häuptlingen, aber auch sonstigen namhaften politischen Persönlichkeiten.

Herr y. Z. plante nun Deinen Austausch gegen zwei sehr bekannte in der Tschechoslowakei arrestier­auf te, Nationalsozialisten, deren Freilassung er Grund seiner weitreichenden Beziehungen glaubte garantieren zu können. Henlein sollte ihm eine Empfehlung an Himmler verschaffen. Dies war ge­schehen und v. Z. hatte mit diesem eine Unterredung. Er nannte auch seine Gegenforderung für die Hilfe bei der Entlassung der beiden Nationalsozialisten: Deine Freilassung. Die Verhandlungen zogen sich noch hin, auch als ich Herrn v. Z. ein zweites Mal in Berlin traf. Nachher stellte sich dieses Unter­nehmen auch als vergeblich heraus. Die Nazis waren auf Grund anderer Dinge entlassen worden.

Später erst erfuhr ich, daß Herr v. Z. seine Bemü­hungen' um Dich mit Erfolg fortgeführt hat. Es soll ihm gelungen sein, mit Hitlers Lieblingsneffen(?) in Verbindung zu treten, der dann speziell in Deiner Sache zu Hitler nach Berchtesgaden gefahren sein soll. Hatte dies Deine Entlassung im August 1938 zur Folge? Wir wissen es nicht. Jedenfalls stand es damals recht schlecht um im Frühjahr 1938 unsere Sache.

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Am 1. März 1938. ging ein neues Gesuch heraus: ,, Wenn Sie mir am 30 9. 37 mitteilen ließen, daß eine Schutzhaftentlassung ,, zurzeit noch nicht erfolgen" könnte, so möchte ich Sie fragen, ob es denn nicht jetzt sein kann, denn dieses NOCH NICHT hat mich mit der Hoffnung und Gewißheit erfüllt, daß die Zeit der Frei­lassung nun nicht mehr in so nebelhafter Ferne wie bis­her liegen kann."

Zu meiner Überraschung erhielt ich am 10. März eine Sprecherlaubnis die weit früher beantragt und, da aussichtslos, von mir halb vergessen worden war. Ich habe mir den Wortlaut genau abgeschrieben:

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