fast, unerträgliche Scham wie bei dem ersten Boykott. ,, Na, dann ist alles gut!" Der Mann atmete sichtlich auf und seine Frau, die bis zu ihrer Vernichtung sich mein ,, Muttchen" nannte, lächelte mir zu. Hier hatte ich im Oktober 1933 ein eigenartiges Erlebnis. Ein Herr rief an, der sich Lohse nannte. Ob er mich sprechen könnte. Gut, er würde bald da sein. Ich sichtete schnell alle Papiere. Der ⚫ Herr kam, zeigte, wie erwartet, seinė Kriminalmarke, sagte aber, keine Haussuchung machen zu wollen. ,, Ich komme im Auftrage eines Herrn, der nicht. genannt sein möchte, und der von Ihnen einige Auskünfte, haben will." Er wolle diese Sache nicht offiziell aufziehen, sondern wünsche eine Rücksprache in einem Lokal. Nach manchem Hin und Her Lohse verweigerte alle Auskünfte über den Großen Unbekannten nannte er Gerolds Weinstuben am Zoo. ,, Ich hole Sie morgen um 3 Uhr mit dem Auto ab.". Sprach's und verschwand..
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Herr
Abends beriet ich mit Freunden. Wir waren uns darüber einig, daß die Gestapo hier einen eigentümlichen Weg der Inquisition gewählt hatte. ,, Du besteigst auf keinen Fall das Auto!" sagte Ilse.
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Am andern Morgen ging ich vorsichtshalber zum Leiter des Polizeireviers Moabit und trug ihm den Fall vor. ,, Können Sie mir einen Beamten zur Sicherheit herschicken?" Er wehrte verlegen ab. ,, Ich zweifle daran, daß die Gestapo auf diese Weise vorgeht, aber wenn die Sache stimmt, bekäme ich Schwierigkeiten." Etwas unwillig sagte er dann: ,, Sie sind mündig und wissen, was Sie tun!"
Einige Stunden später früher als verabredet traf Herr Lohse ein. Ich machte keinen Hehl aus meinen Bedenken, ich lehnte ab, ins Auto zu steigen. Er lachte nur. ,, Kommen Sie ruhig mit. Wir fahren zum Thomas- Bräu- Keller in der Anhalt- Straße".
Ein großer Dienstwagen, verschiedene Beamte darin. An den Straßenkreuzungen devot grüßende Polizisten. Die Sache stimmte doch. Ein„ gewisser Herr Gran"( er hatte sich Gran vorgestellt und unwillkürlich kam mir der bekannte Filmtitel in den Sinn) redete politischen Unsinn, der auch den Unwillen des Herrn Lohse erweckte. An der Anhaltstraße stiegen wir aus, gingen richtig in den BräuKeller, und ein Herr, der lahmte, trat auf uns zu. Er nannte sich Kriminalrat Heller. Er war höflich, bestellte Essen und Trinken, sprach Allgemeines und kam schließlich zur Sache. Sie heißen...?" usw.
usw.
,, Sagen Sie zunächst, wie stehen Sie zur Partei, gehören Sie ihr oder einer ihrer Gliederungen an?"
Ich bin etwas unbekümmert in diesen Dingen und sagte ohne weiteres: ,, Ich stehe nicht auf dem Boden. der Partei. Ich verhalte mich loyal und bekämpfe sie nicht".( tat ich doch!)
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Er nickte. ,, Gut! Sie waren also bei der Liga tätig?" Ich war verblüfft. ,, Wenn Sie die Liga für Menschenrechte meinen, dort war ich nicht.".
Bestürzung, leichte Verärgerung, Papiere werden durchblättért. Schließlich:„ Ja, wo waren Sie denn?" Ich berichtete, daß ich Sekretärin der Zeitung ,, Das Andere Deutschland" gewesen war und mußte dann viele Fragen beantworten. Broschüren und Photos- wurden mir fast ausschließlich Balkan - Gesichter- in großer Zahl vorgelegt. Ich war ahnungslos, war es nahezu tatsächlich. Der Verleger einer Broschüre, auf die sich ihr besonderes Augenmerk richtete, war allerdings mit uns befreundet und sein Verlag stand unter vollem Namen im Telefonbuch des Jahres 1933, auf welche Idee die Herren nicht gekommen sind. Auch diese Klippe wurde mühelos umschifft, das Resultat für Herrn Heller war mehr als mager. Er fragte dann ausführlich nach Dir, Deinen Beziehungen zu den Kommunisten und vieles andere. Am Schlusse dieser Fragen, meinte ich, daß ich ihm ja nun ,, leider" nicht hätte von Nutzen sein können, aber: ,, vielleicht können Sie mir helfen?" Er tat interessiert und bereitwillig. Ich sagte: Fritz Küster ist mein Verlobter!" Er sah mich überrascht an und reichte mir dann die Hand mit den Worten:„ Ich kondoliere!" Diese Rohheit brachte mich etwas aus der Fassung. Er entschuldigte sich. Er habe nur sagen wollen, dies sei sehr betrüblich für mich. Er notierte sich alles und gab mir seine Telefon- Nummer. Dr. Conradi, der Deinen Fall bearbeite, sei ihm gut bekannt.
Wir blieben noch eine Weile in angeregter Unter haltung sitzen. Herr Kriminalrat Heller griff General v. Schoenaich an, billigte ihm aber ,, mildernde Umstände zu. Der sei immerhin Idealist( sein Ton deutete an, wie verwerflich ihm dies erschien); sein Gesicht wurde aber geradezu wutverzerrt, als er von Helmuth v. Gerlach sprach. Hier kannte sein Haß keine Grenzen, er nannte ihn einen Schuft. Ich be-. harrte darauf, daß v. Gerlach ein anständiger Mensch sei und nannte ihn mutig, weil es doch niemals feige sein könnte, das Tischtuch zwischen sich und den Standesgenossen so restlos zu zerschneiden. Ab und zu sah ich vorsichtig zu den Uniformierten am Nebentisch herüber. Würde man mich dort hören und evtl. gleich abführen? Bis mir zum Bewußtsein kam, daß ich ja mit den dazu Berufenen sprach und. daß diese mich anhörten, ohne mich zur Ordnung zu rufen.
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Und das möchte ich hier festhalten. In all den Jahren meiner Verhandlungen mit der Gestapo habe ich es erlebt, daß der rüdeste Ton, die Drohungen und Einschüchterungen den kleinen Beamten der Gestapo vorbehalten waren. Ich habe auch später bei dem Adjutanten von Himmler stets das Gefühl gehabt, mich in meinen Äußerungen hart an der Grenze des in Hitler - Deutschland Erlaubten zu be
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