dem am Boden liegenden Häftling in die Magengegend einen Tritt, den Spezialtritt dieses Mörders.

In einem weiteren Fall, dessen Opfer, ich kannte, handelte es sich um einen jungen Häftling, der einen Unterarmschuß in der Nähe der Postenkette erhielt. Er ging in Begleitung eines Postens aufrecht und vollständig gesund zum Lager, zum Revier. Seine Verletzung war eine Fleischwunde. Auch dieser junge Häftling wurde dem Arzt vorgeführt. Die Pfleger mußten das Zimmer verlassen, der Arzt blieb auf einige Augenblicke mit ihm allein. Ein Schrei, den die Kranken­pfleger vernahmen. Auch dieser junge Mensch wurde nach zwei Ta­gen als Toter zum Tor hinausgetragen.

Es ist der 13. Mai 1938. Die Alarmsirene des Lagers ertönt. Wir hören sie zum ersten Mal. Wir müssen schnellstens auf dem Appell­platz antreten. Nach einiger Zeit rücken wir wieder ab nach unseren Arbeitsplätzen. Irgend etwas Besonderes muß geschehen sein. Alle möglichen Gerüchte schwirren. Draußen soll ein Posten niedergeschla­gen worden sein. Der Abend kommt, die Außenkommandos rücken ein. Zwei Tote werden mit hereingebracht und im Lager an einen dicken Baum auf den Erdboden gelegt. Außerhalb des Stacheldraht­zaunes werden die hereinrückenden Kolonnen von wildbrüllenden SS- Begleitmannschaften traktiert. Die Massen drängen sich in aus­weichenden Knäueln zusammen. Alles treibt nach der Mitte. Niemand will an der Außenseite der Kolonnen marschieren. Nicht nur den Kolben gebrauchen die SS - Bestien, sogar mit den Gewehrmündungen stoßen sie auf die Menschen ein.

Ein großes Kommando, das Kommando der Klär- Anlage, bleibt draußen vor dem Lagertor. Wir wissen immer noch nicht, was sich ereignet hat. Der Lagerführer Rödl hält in seinem schlechten bay­rischen Dialekt eine Ansprache, in der er mitteilt, daß zwei Häft­linge versucht hätten zu flüchten und zeigt nach der Stelle, wo die Toten liegen, bemerkt dazu, daß sie nicht weit gekommen seien. Im Gegensatz zu der bisher gebräuchlichen Methode, beim Appell die Erschossenen mit bloßgelegten Einschußstellen vor den angetrete­nen Blocks auf Steinetragen herumzutragen, bleiben. diesmal die bei­den Toten zugedeckt. Später können wir sehen, daß sie erschlagen worden sind.

Das Kläranlagen- Kommando, etwa 200 Mann stark, wird vor dem Lagereingang vernommen. Es wird abgezählt, jeder zehnte Mann soll erschossen werden. Ein höherer SS- Gott, der zufällig im Lager ist, und der über Leben und Tod verfügt, hat sich entschieden, daß die Anordnung des Erschießens rückgängig gemacht wird. Nach Einrücken des Kommandos der Klär- Anlage erfahren wir, daß draußen, etwa 5 km vom Lager entfernt, der Rottenführer Kalweit von zwei Häftlingen niedergeschlagen worden ist. Die beiden Häft­linge seien flüchtig.

12

12