geblieben. Sie dienen einem besonderen Zweck: Dem Anbinden oder vielmehr Aufhängen von Häftlingen, und zwar zu Straf- und Fol­terzwecken. So lange ich draußen gearbeitet habe, habe ich dieses grausame Bild nur vereinzelt aus einiger Entfernung geschaut. Nun muß ich dieses scheußliche Treiben der SS aus allernächster Nähe mit ansehen, die schmerzverzogenen Gesichter der Gefolterten, ihr Stöh­nen und ihre Schreie hören.

Das Anbinden geschieht in folgender Weise: Der Häftling wird mit dem Rücken an einen Baum gestellt, muß beide Arme nach hinten ausstrecken. Um die Handgelenke wird ein gewöhnliches Stück Strick geschlungen und an einem starken Nagel befestigt, der etwas über Kopfhöhe auf der Rückseite des Baumes eingeschlagen ist. Der mit dem Strick gefesselte Häftling wird von einem anderen so angehoben, daß seine Fußspitzen nur noch den Erdboden berühren sollen. Dann zieht der Scharführer den Folterstrick an, so daß der Häftling an den Armen hängt. Dieses Folterverfahren ist sehr qualvoll und macht einen grauenvollen Eindruck. Die Dauer des Aufhängens hängt von der Willkür des Folterknechtes oder vielmehr von dem Ver­gnügen ab, das er daran findet. Es kann eine Viertelstunde dauern, es werden auch Stunden. Die Schreie der Häftlinge dämpft man da­mit, daß man ihnen mit Eimern Wasser über den Kopf gießt, auch bei Temperaturen unter Null Grad. Ich habe gesehen, wie bei diesen Torturen ein Toter am Baum hing, der sicher durch sein am Halse nicht gelockertes Jackett erstickte. Einen anderen sah ich, wie seine beiden Hände schwarz, also abgestorben waren. Er wurde ins Revier eingeliefert. Von den Pflegern des Reviers erfuhr ich den weiteren Schicksalsverlauf dieses Mannes. Der Lagerkommandant Standarten­führer Koch hatte sich in Begleitung des Arztes und des Adjutanten den Mann angesehen, und wie dann nicht anders zu erwarten, war der junge Häftling nach einigen Tagen tot. Der Arzt blieb mit ihm. auf einige Augenblicke allein im Zimmer und trat ihn in die Magen­gegend. Dieser Tritt wurde von dem Arzt öfters angewandt und die Folge war wie auch in diesem Falle der Tod nach kurzer Zeit.

In einem anderen Falle sah ich, wie derselbe Arzt diesen seinen Spe­zialtritt ausführte. Ein alter Häftling mit eingeschlagenem Unter­kiefer lag auf dem Erdboden. Seine Arme umfaßten einen Baum, die Hände waren an den Gelenken zusammengebunden. Wir waren zum Appell angetreten. Der Baum, an dem der Häftling lag, befand sich hinter uns. Wir kehrten ihm also den Rücken zu. Ein getretener Pfad führte an dem Baum vorbei. Während wir stillstehen mußten, kamen drei SS - Offiziere, darunter der Lagerarzt, vorbei. Sie sahen den Häftling liegen, gingen hin, um ihn näher anzuschauen, betrach­teten ihn einige Augenblicke und gingen weiter. In einer Entfernung von zehn bis zwanzig Meter kehrte der Arzt zurück und versetzte

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