KONZENTRATIONSLAGER BUCHENWALD
„Recht oder Unrecht, mein Vaterland“ steht in großen Lettern über dem Eisentor des Konzentrationslagers Buchenwald. Es ist der Etters- berg bei Weimar und an diesem der Nordabhang, von dem die Sonne so lange Zeit ihr Antlitz abwendet und ihre wärmenden Strahlen versagt.
In dem Lager befindet sich ein Naturschutzdenkmal, die Goethe- eiche. Dieses Denkmal, die Erinnerung an einen großen Deutschen , an jene Geistesgrößen, die Licht, Leben, Gottheit bedeuten, wirkt an dieser Stelle als starker Kontrast zur Jetztzeit. Finsternis und Tod überschatten die Sonne und das Leben. Hölle und Teufel regieren im deutschen Vaterlande, und der Irrsinn dieser Teufel ist Staatsregie geworden.
Ich soll vom Konzentrationslager Buchenwald berichten, so fordert es meine Pflicht. Immer wieder habe ich die Feder aus der Hand gelegt, wenn ich mich an diese Arbeit heranwagte, und doch muß ich einmal damit beginnen, denn das Gebot der Pflicht gegenüber der ganzen Menschheit, gegenüber meinem deutschen Vaterlande, gegen- über den unzähligen Opfern, gegenüber meinen lieben Freunden und Kameraden, welche dort ihr Leben aushauchten, verlangt kategorisch, daß ich endlich diese Arbeit beginne. Ich wehre immer noch ab, die Grausamkeiten zu schildern und erinnere mich der Worte eines Häft- lings, eines jungen polnischen Rechtsanwaltes, als er zu mir sagte: „Die Entsetzen und Leiden der Menschen in diesem Lager in Worte zu kleiden, dazu fehlt uns die Sprache. Es müßte erst wieder ein Dante geboren werden, der allein nur das Können besaß, die Worte zu finden, um zum Ausdruck zu bringen, was an Entsetzlichem Men- schen erdulden.“
Und ich möchte immer noch nicht damit beginnen, den Schrei der Gefolterten und das Stöhnen der Sterbenden in mir wachzurufen. Ich spreche lieber von guten Freunden, von meinen Kameraden, die ich immer noch an meiner Seite wähne, wenn mir die grausame Wirk- ne nicht schreiend zum Bewußtsein brächte,: daß sie längst tot sind.
Helmut Trinks, der sonnige Junge, der jugendliche Kamerad, mein Leidensgenosse, mit dem mich das Schicksal im Lager etwa zwei Jahre lang verband.


