DIE URNEN

Man lud sie auf Wagen zu seltsamem Tun Und fuhr sie dorthin, wo die Toten ruhn.

Die Greisinnen, selbst schon der ewigen Nacht So nahe, sie haben ein letztes vollbracht

Mit mancherlei Zittern und Zagen.

Die Pferde halten am Totenhaus.

Man holt aus den Nischen die Urnen heraus.

Die Alten reichen von Hand sie zu Hand,

Gleich Beuteln, gleich Schachteln am laufenden Band. Was hilft alles Weinen und Klagen?

Ihr 40000 gingt hier aus dem Leben,

Nicht wird euch im Tode die Ruhe gegeben. Am Bahnhof wartet ein Eisenbahnzug,

Der Eure Reste von dannen trug.

Wer wird wohl nach ihnen noch fragen?

Das Schlußlicht blinkt und der Regen fällt,

Die traurige Fracht rollt hinaus in die Welt. Dort streut man die Asche auf Felder und Flur, Verschwunden, vernichtet ist jegliche Spur. Wem wird das Gewissen hier schlagen?

Doch schweigt auch der Menschen sterblicher Mund, So tun es der Staub und die Steine noch kund,

Und werden es einstens bezeugen,

Welch grausames Schicksal uns eigen.

Und daß wir es dennoch getragen.

(Ende 1944)

21