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Abend kam, starrten wir den Stollen an und weinten. Ich habe damals keinen Häftling gesehen, der nicht mit Tränen in irgend- einer Ecke gehockt wäre. Auch die Grünen, unter denen sich hartgesottene Verbrecher befanden, weinten.

Neben all diesem Leid gab es im Lager aber auch Stunden, in denen wir unser bitteres Los zu vergessen suchten. Unter den Häftlingen befanden sich gute Sänger, die früher in großen The- atern gesungen hatten. An guten Musikern fehlte es ebenso wenig, und Musikinstrumente konnte man sich von zu Hause schicken lassen. So half uns die Musik, manches bittere Leid zu vergessen. Bei Appellen wurde oft das VolksliedSteht ein Dörflein mitten im Walde gesungen. Später entstand ein eigenes Buchenwaldlied. Es war das Ergebnis eines Preisaus- schreibens der Lagerleitung. Sie mußte den ersten Preis einem jüdischen Häftling zuerkennnen. Das Buchenwaldlied wurde früh und spät gesungen und hatte einen ergreifenden Text und eine ebensolche Melodie. Hier die erste Strophe:

Wenn der Tag erwacht, eh die Sonne lacht, Die Kolonnen ziehn zu des Tages Mühn,

Hinein in den grauenden Morgen!

Und der Wald ist schwarz und der Himmel rot, Und wir tragen im Rucksack ein Stückchen Brot Und im Herzen, im Herzen die Sorgen!

© Buchenwald , ich kann dich nicht vergessen, Weil du mein Schicksal bist!

Wer dich verließ, der kann es erst ermessen, Wie wundervoll die Freiheit ist!

© Buchenwald , wir jammern nicht und klagen, Und was auch unsere Zukunft seil

Wir wollen trozdem Ja zum Leben sagen, Denn einmal kommt der Tag, dann sind wir frei!