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dann hätten die Maschinengewehre ihre grausige Arbeit ver- richtet. Wir waren aber alle zu wohldiszipliniert und taten alles so, daß den anderen Ka:neraden kein Schaden aus unserem Tun und Handeln erwachsen konnte.

Um 4 Uhr nachmittags wurde in das Lager zurückmarschiert, und alle Arbeitskommandos innerhalb der Postenkette rückten nun ein. Unterwegs geschah es oft, daß wir SS -Offizieren be- gegneten. Bei einer solchen Begegnung kommandierte dann der Vorarbeiter: Mützen ab! Die Häftlinge rissen ihre Kopf- bedeckungen herunter und marschierten mit geschorenem Schä- del an dem betreffenden Offizier vorbei. Im Lager begann nach

' dem Einrücken der Nachmittagsappell. den alle Häftlinge sehr fürchteten. Es dauerte nämlich ziemlich lange, bis alle Kom- mandos eingerückt waren, und dann stellte sich bei der Zählung oft genug heraus, daß ein oder auch mehrere Häftlinge fehlten. Es wurde darauf die fehlende K.-Z.-Nummer bekanntgegeben, und sofort begann die Suche. Bei den Gesuchten handelte es sich meist um Neulinge, die erst kurze Zeit im Lager waren und vom Konzentrationslager wenig Ahnung hatten. Da die Postenkette noch stand, also nicht eingezogen war, mußte der sich Verbergende sich innerhalb der Postenkette aufhalten. Starke SS -Suchkommandos, oft verstärkt durch Vorarbeiter, kämmten nun das ganze Gelände ab. War die Suche besonders schwierig, so wurden auch Häftlinge eingesetzt, und wer den Verborgenen zuerst entdeckte, bekam einen Geldpreis von 50 RM. Außerdem wurde versprochen, daß der betreffende Häft- ling für eine möglichst baldige Entlassung aus dem Lager vor- geschlagen würde. Dies war aber nur ein Köder, da in der Regel für eine Entlassung allein das Sicherheitsamt in Berlin zuständig war. Der Geldpreis allerdings wurde sofort ausgezahlt, sobald der Gesuchte, tot oder lebendig, herbeigeschafft worden war. Es dauerte oft ein bis zwei Stunden, bis man den Betreffenden ‚gefunden hatte. Die anderen Häftlinge mußten solange auf dem Appellplatz stehen bleiben. Im Sommer brannte dort die Sonne, und viele von den ausgemergelten und hungrigen Elendsgestalten brachen auf dem Platz ohnmächtig zusammen. Ich selbst bin im