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bekamen, und bald waren etliche Hundert im Gefängnis ver- sammelt. Brieftasche, Wertsachen und Geld nahm ein Ge- fangenenaufseher ab, und am nächsten Tage vormittags wurden wir gezwungen, ein Schreiben zu unterzeichnen. Keiner hatte eine Ahnung von seinem Inhalt, und es wurde uns gleich er- klärt, daß jeder, der sich zu unterschreiben weigere, auf der Stelle erschossen werden würde. Nach dem Unterschreiben er- klärte uns ein Gestapo -Beamter, daß wir nun eineKdF.-Reise machen würden. Es waren nur noch wenige unter uns, die die ganze Geschichte für ungefährlich ansahen und auf Rückkehr nach Hause hofften. In den Mittagsstunden marschierte eine Polizeiabteilung in den Hof, wo sonst immer die Hinrichtungen der zum Tode Verurteilten durch den Scharfrichter stattfanden. Ich hörte durch das Zellenfenster militärische Kommandorufe und daß die Gewehre geladen wurden. Bald darauf mußten wir in den Hof hinaustreten und wurden gruppenweise auf die Straße geführt, wo etwa zwanzig Polizeiwagen standen. Wagen

um Wagen wurde nun beladen, jeder einzelne stark bewacht 3

und gesichert von bewaffneten Polizisten. In rascher Fahrt ging es nach dem Bahnhof. In den Straßen, durch die wir fuhren, standen die Menschen zu Tausenden und schauten scheu und neugierig unserem Abtransport zu. Das Bahnhofsgelände war durch eine Hundertschaft der Polizei abgesperrt, und wir Ge- fangene mußten an einer Mauer des Bahnhofsgebäudes Auf- stellung nehmen, wo wir nochmals gezählt wurden. Wir mußten mit dem Gesicht zur Wand schauen und durften uns nicht umdrehen, Es dauerte nicht lange, da lief auf dem ersten Bahnsteig ein langer Sonderzug ein. Bis auf das letzte Drittel des Zuges waren die Wagen leer. Später erfuhr ich, daß dieser Zug von Gleiwitz kam und Gefangene aus dem oberschlesischen Industriegebiet im letzten Drittel des Sonderzuges führte. Die Mitte des Zuges nahm uns nun auf, und als wir nachts in. Breslau ankamen, wurden dort die restlichen leeren Wagen mit der gleichen unglücklichen Sklavenware beladen. In den Ab- teilen nahmen neben uns Polizisten Platz, die alle Ausgänge sicherten. Trotz der drückenden Sommerhitze war es verboten,

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