fel, noch ein Paar hohe Stiefel und eine Militärhose, aber höher sehe ich nicht mehr, der Kopf dreht sich, wenn ich schauen will, ach, was liegt daran, laßt mich schlafen...

Mittwoch.

Die zwei Männer, die die Psalmen gesungen haben, sitzen jetzt am Tisch und essen aus tönernen Schüsseln. Ich unter- scheide sie schon. Einer ist jünger, der zweite älter und es scheint, daß sie Mönchen gar nicht ähnlich sehen. Und auch das Grabgewölbe ist kein Grabgewölbe mehr, es ist eine Kerkerzelle so wie jede andere, die Bretter des Fußbodens laufen von meinen Augen weg zueinander. Und dort am Ende ist eine schwere, dunkle Tür...

Im Schloß knarrt ein Schlüssel, zwei Männer springen auf und stehen Habtacht, zwei andere in SS-Uniform treten ein und befehlen, mich anzuziehen ich habe nicht gewußt, wie- viel Schmerzen in jedem Hosenbein, in jedem Ärmel versteckt sind sie legen mich auf eine Bahre und tragen mich die Stie- gen hinunter, metallene Schritte dröhnen durch den langen Gang...! das ist also der Weg, den sie mich schon einmal getragen, als sie mich bewußtlos hierher brachten. Wohin führt er? In welcher Hölle endet er wieder?

Im dunklen, unfreundlichen Aufnahmebüro des Pankräcer Polizeigefängnisses. Sie legen mich auf den Boden und eine gespielt gutmütige tschechische Stimme übersetzt die böse herausgestoßene Frage einer deutschen Stimme:

Kennst du sie?

Ich hebe mein Kinn mit der Hand. Vor der Bahre steht ein junges, breitbackiges Mädchen. Sie steht stolz, ganz auf- gerichtet, den Kopf hoch, nicht trotzig, aber aufrecht, nur die

Augen leicht gesenkt, gerade nur so weit, um mich zu sehen und zu grüßen.

Ich kenne sie nicht.

Ich erinnere mich, daß ich sie vielleicht einmal für einen Augenblick in der wilden Nacht im Petschek-Palais gesehen habe. Jetzt zum zweitenmal. Leider sah ich sie nicht mehr ein drittes Mal, um ihr die Hand drücken zu können für die Würde, mit der sie dastand. Es war die Frau von Ernst Lorenz. Sie

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