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Sein Begleiter und Bewacher in Uniform, der Stadelheimer Aufseher, nickte ihm sogar bedeutungsvoll zu, hob die betreßte Mütze ab, wischte sich den Schweiß, der seine rotfleckige Stirn bedeckte und stand auf, als wollte er sagen: zu bewachen gibt es hier nichts mehr, rette sich wer kann!
Er trat auf seinen Kollegen zu, der wieder mal den Kopf durch einen Spalt der Tür gesteckt hatte und ihm mit den Augenbrauen geheime Zeichen gab. Flugs wurde er durch den Türhüter in den Vorraum gezogen- und ward nicht mehr gesehen.
So trat das fast Unbegreifliche ein, daß der Häftling, der Angeschuldigte, der vier Jahre lang mit Geheimakten Belastete und von der Umwelt peinlichst Ausgeschlossene allein im Verhandlungszimmer saẞ... Allerdings währte es eine ganze Zeitlang, bis er es selbst bemerkte. Denn anfangs war seine Erschütterung und die Flut der Gedanken in ihm noch zu groß. War es nicht etwa ein Spuk oder ein Gaukelspiel der Sinne, das ihn narrte.? Oder waren es in Wahrheit jene paar Stunden, die das Geschick des alten Kontinents, ja des ganzen Erdballes zu entscheiden begannen?
Da riß ihn eine neue Woge von Lärm von noch stärkerer Wucht, immer höher schwellend und brausend, über die letzten Zweifel hinweg das war ganz deutlich rasender Ungestüm, der mit jeder Minute anschwoll und siegessicherer wurde.... Es war das Frohlocken entknechteter Menschen, die es wieder wagten, ihr Mundwerk unverhohlen zu gebrauchen, ohne Sorge zu haben, daß die erbarmungslose Gestapo sie an Leib und Leben für jedes unvorsichtige Wort strafe.
So hatte es ja kommen müssen! Nur die blinde Grenzenlosigkeit des Nazitums konnte sich lang genug über die sicheren Anzeichen für den Umschwung hinwegsetzen. Die Parteibonzen hatten den willigen Gaul gespornt und gepeitscht, bis er schließlich mit einem jähen Ruck stehenblieb, Stränge und Kandare zerriẞ und seinen Peinigern den Huf vor die Brust schmetterte... damit war nun endlich die teuflische Orgie aus