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und Bremsleitern deutlich vernehmen. Und immer näher kamen sie an den zentral eingeordneten Lazarett- wagen.... Nun zog die erste, noch harmlose Angriffs- welle an Berts Lager vorbei. Eine rauhe, nach Rum und Zwiebel duftende Stimme schlug an sein Ohr mit der kurzen Frage: ‚Haben Sie Reise- oder Berufsgepäck hier?— Ja?— Ist Verzollbares darunter?— Öffnen Sie die Koffer, aber dalli, dalli, Schwester!“
Die Stücke lagen bereits prüfungsbereit auf zwei unbenutzten Betten. Ein paar rasche Griffe, die den Inhalt durcheinander flattern ließen— ungeachtet, ob es sich um Damen- oder Herrengarderobe dabei drehte— noch einige prüfende Blicke in die Runde und unter die Betten, wobei die Stablampen wie grelle Reflektoren aufleuchteten— dann war dieser unwichtigere Angriff abgeschlagen.
Die zweite, eigentliche und gefährliche Attacke ließ sich absichtlich Zeit. Nur durfte niemand glauben, daß während der langwierigen Prüfung der Pässe etwa die beste Gelegenheit zum Entweichen aus dem Zuge und Übertreten der Grenze auf dem ‚schwarzen‘ Wege gegeben wäre. Denn pausenlos marschierten auf bei- den Seiten der Wagen Kontrollposten auf und ab, die mit ihren elektrischen Lampen zwischen die Räder- paare und auf die Eingangstüren leuchteten, dabei die rechte Hand beständig auf die schußbereite Pistole gelegt.
Endlich wurde mit der Rückgabe der Pässe an jeden einzelnen Reisenden begonnen unter gleichzeitiger Ex- aminierung der Inhaber auf ihre Übereinstimmung mit dem Paßbild, den besonderen Kennzeichen, Geburts- daten und Nationalität.... Bevor die Kolonne des SD. den Lazarettwagen betrat, hatte Irina rasch dem Sanitäter ohne Angabe eines Grundes einen Zwanzig- markschein zugesteckt. Bekanntlich gibt es keinen Krankenpfleger— ohne diesen Stand irgendwie herab- setzen zu wollen— der für eine gute Nebeneinnahme nicht empfänglich wäre. Der Mann sah sie daraufhin erwartungsvoll an.
30 Conrady, Amokläufer,


