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mit geborstener Stimme weitersang, wenn nicht ganz aufhörte.

Aber wieder fuhr, wie ein Sperber unter zusammen­hockende Sperlinge, diesmal ein Scharführer in die Reihen um Bert, schlug mit der geballten Faust in die Gesichter, rechts- links, wo er nur hintraf, dazu brüllend: ,, Wollt ihr wohl singen, ihr Dreckschweine, ihr windigen?! Und du besonders, du wandelnder Typhus!"

Dabei hatte er den betagten Oberbürgermeister Schmitz am Kragen und schüttelte ihn wie einen leeren Kartoffelsack hin und her. Der Arme war ohnehin stark gealtert. Jetzt schien durch den Schrecken seine Ge­sichtsfarbe noch leichenblasser als ehedem. Jeder seiner Kameraden durchfuhr bei seinem Anblick die Sorge, daß Schmitz nicht mehr lange unter ihnen weilen werde.

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Mit dem Scharführer zugleich war aber auch Daun­derer, der edle, Feldwebel' des Blockes 10, auf seine Herde zugestürzt, zähneknirschend darüber, daß von neuem ein paar seiner Leute, aufgefallen' waren. Und selbstredend wieder in der Gegend um Bert na warte! nickte er ihm voller Wut zu. Dir werden wir das noch austreiben! Dies alles geschah unter der heulenden, gellenden Begleitmusik der Gepeitschten drüben im Block I, unter dem Klatschregen der Bastonade, unter dem verlogenen Gegröhl der Männer, die erregt klopfenden Herzens mit ihrem Gesang versichern mußten, wie fröhlich sie an­geblich wären. trallala! Ein Hexensabbat sonder­gleichen.

Schließlich kam nach einer halben Stunde Exekution der kleine Aumeyer wieder heraus, hektische Röte im Gesicht, aber einen befriedigten Zug um den Mund; an seiner Seite die ärztliche Null verlegen lächelnd und zu­letzt der stämmige Rapportführer, ebenfalls mit ge­rötetem Gesicht, über dem eine animalische Befriedigung lag wie nach einem sexuellen Akt... weit später erst schlichen die Delinquenten heraus, sich vor Schmerzen an den Wänden und Pfosten der Baracke festhaltend und mit den zitternden Händen versuchend, die Hose wieder zu schließen...