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stämmen gehalten schäbig, schäbig! flüsterten sich die Dachauer zu.

Jetzt sahen sie auch, warum die Lichterketten sich wie Girlanden in der Ferne ausnahmen: das Lager baute sich in einer schmalen Talsenke auf dergestalt, daß

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der Appellplatz an niedrigster Stelle lag, während die Baracken der Insassen rechts und links terrassenförmig die Berglehne hinankletterten. Na, das könnte ja schlieẞ­lich ganz reizvoll sein, tauschten Bert, Leo und Franzl ihre Meinung aus.... Aber, aber wie sich ein solches Gelände im Kz- Leben auswirken kann, bleibt noch ver­dammt offen, zumal bei einer Lagerleitung, die alle An­zeichen der Überspanntheit zu erkennen gab.

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Bald hielt ein Teil der Neuen vor der ersten Baracke am Appellplatz, der andere Teil vor der nächst höher ge­legenen, Berts Abteilung vor der letzten hoch oben mit der Nummer 10. Daß die Behausungen nicht den soliden Blocks von Dachau glichen, erkannten die Erfahrenen sofort; aber momentan war ihnen noch alles gleichgültig. Man war zu sehr von Hunger, Kälte, Müdigkeit geplagt, als daß selbst die ungewöhnlichsten Umstände sie irgend­wie gestört hätten.

Mit gierigen Augen verfolgten sie die Ausgabe von Eẞnäpfen, Blechtellern und Bestecken. Aber statt daẞ nun sogleich die einladend duftende Kartoffelsuppe ver­teilt werden würde, deren Geruch die Magennerven an­stachelte, setzte nochmals ein längeres Harren und Herumstehen ein, weil der Herr Zahlmeister des Lagers darauf bestand, vorher noch die kleinen Geldbeträge zu kassieren, die im Besitze der Neuen waren.

Bert befand sich nicht unter denen, die an den Tisch des Blockes traten und die Eintragung ihres Geldes be­stätigen mußten. Denn er besaß noch nichts und hatte von Dachau aus, wie alle übrigen gleichfalls, eine Karte nach Hause schreiben müssen, mit der er bat, ihm weder Geld noch Post zu senden, bevor er neue Nachricht von sich gäbe.... Also bestand auch herzlich wenig Aussicht auf baldigen Eingang.

Aber endlich, nachdem schon ein Teil der Leute im