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einfach zu passen hat, ein blaues Hemd dazu, ein rundes Mützchen, ein paar baumwollene Socken und ein Paar vertragene Schnürschuhe im Format zweier Fracht­kähne.

Er schlüpft in die Sachen, kümmert sich nicht weiter darum, ob sie passen; er sieht schon am Anblick der anderen genug, um sich ein Bild über das eigene Aussehen machen zu können: fertig zum Auftreten im Zirkus! In den Schuhen aber kommt er sich vor wie Charly Chaplin in dessen berühmten Filmen: er schwimmt näm­lich in den Dingern geradezu und watschelt, einer lahmen Ente gleich, die Stufen der Kammer herunter auf den großen Platz zu, in den die Lagerstraße einmündet. Denn dort, das hat er inzwischen schon erspäht, dort liegen die Wohnbaracken, im Lager, Blocks' genannt- nun, und dort muß ja wohl auch ein wenig Ruhe zu finden sein, wie er hofft.

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So stolpert er nun über den, Appellplatz' und kommt den ersten Baracken näher. Da wird dort plötzlich ein Fenster aufgerissen, und ein Kopf, der ihm bekannt vor­kommt, erscheint im Rahmen, um ihn anzurufen. ,, Hallo, Oberst was ist los mit dir? Wo kommst du her? Warte doch einen Augenblick bitte!" Und ungeniert, da gerade niemand außer anderen Häftlingen zu sehen ist, springt der Rufer zum niedrigen, unver­gitterten Fenster hinaus und eilt auf den Neuen zu. Nun erkennt Bert in ihm einen Oberleutnant der österreichi­schen Flieger, namens Hans von Becker, den er als ele­ganten Zivilisten im Polizeigefängnis zu Wien einst kennengelernt hat.

Becker schüttelt ihm herzlich die Hand und emp­fängt ihn gleich mit den Worten: ,, Entschuldige meine Anrede, lieber Oberst, aber es gibt hier im Kz nur das klassische, Du' im Verkehr untereinander; daran ge­wöhnst du dich bald, da man dich ja nun auch in die verlockende Zebratracht gesteckt hat.... Deshalb sprechen wir ja auch nicht von, Dachau ', sondern um­gekehrt von, Auch- da?', wenn man sich hier wieder­trifft... na, und schönere Stiefel hast du wohl nicht