Der Faschismus hat zwei Gesichter, das eine ist dem nichts­ahnenden Volke zugewandt, dies ist das freundliche Gesicht, das andere ist dem Feinde des Nationalismus zugewandt, und dies ist das gräßliche und zugleich das wirkliche Gesicht. Ich habe in den 12 Jahren meiner Leidenszeit stets nur das gräß­liche Gesicht des Faschismus vor Augen gehabt.

Ein Beispiel: Wir hatten im Lager eine Kantine. In dieser Kantine wurde an sechs Schaltern verkauft. Die delikatesten Sachen, die feinsten Schokoladen, die teuersten Tabake, Zigar­ren und Zigaretten, echter Bohnenkaffee mit Kuchen usw., alles war dort erhältlich und konnte an runden Tischen verzehrt werden. Die Küche war aufs modernste eingerichtet. Riesige Tausendliter- Kessel standen in dieser mit Kacheln ausgelegten Küche, alles funkelte und glänzte, wurde doch jeder Kessel von einem Gefangenen bedient und gepflegt.

Wir hatten weiter zwei Revierbaracken, die mit den modern­sten Einrichtungen und Hilfsmitteln der Medizin und Chirurgie ausgerüstet waren, mit Röntgenraum und Zahnstation. Die Krankenzimmer waren spartanisch einfach, aber sauber einge­

richtet.

Wenn nun Besuche in das Lager kamen, z. B. vom Genfer Roten Kreuz, dann wurde der Besuch zuerst in die Kantine geführt, dann in die Küche und Revierbaracke. Wir hatten so­genannte Besuchsblocks, die Blocks I, III und V. In diesen Besuchsblocks waren die Wohn- und Schlafräume mit blitzblank gebohnerten Böden versehen. Die Tische waren gelb lackiert und alles glänzte vor Sauberkeit.

Die Besucher, die durch diese Räume geführt wurden, konn­ten sich natürlich nicht genug tun im Lob darüber, wie sauber wir Gefangenen in diesen Blocks wohnen. Einmal besuchte eine große Offiziersdelegation das Lager. Nach der Besichti­gung der Renommierstuben sprachen die Offiziere sich dahin aus, daß man auf dem Fußboden dieser Räume essen könnte. Keiner von diesen Besuchern aber ahnte, was es uns Gefange­nen an Entbehrung kostete, diese Räume stets so sauber zu halten. Morgens um 3 Uhr wurden wir bereits aus den Betten gejagt, um Stubendienst zu machen. Wir mußten dann unsere Wohn-, Schlaf- und Aborträume verlassen und uns bei jeder Witterung, ob Sommer oder Winter, ob Regen oder Sturm, im Freien aufhalten, damit diejenigen Kameraden, die Stuben­