Und der Tünnes leuchtet. Es ist Befehl. Flink blitzt der Lichtkegel über die Wände. Schnell kriechen zwei hinter seinen Rücken. Schüsse krachen!

,, Leuchte langsamer, Du Schwein!"

Wieder geistert der Schein durch den Waggon. Tünnes versucht zu retten, was möglich ist. Es geht um das Leben seiner Kameraden. Wieder huscht es hinter ihm!

Da bewegt sich eine Hand Schuß. Dort stöhnt einer Schuß. Kein Farbenunterschied, kein Nationalitätenunter­schied, es war eine Wagenbelegschaft von 45 Mann. 15 sind frei, nahezu 30 sind gemordet und schwer verwundet. Selbst der Nebenwaggon hat seine Opfer.

Am 1. Mai 1929 gab es im großen Berlin 30 wehrlos Ge­mordete. Hier gibt es in einer Stunde in einem kleinen Vieh­waggon 30 wehrlose Opfer.

Der Morgen graut. Ein trostloser Morgen. Bahre an Bahre wird vorbeigetragen in den Revierwagen hinein oder neben das Gleis. Körper bei Körper. Etwas Erde darüber! Fertig! Hier ragt eine Hand, dort sieht man ein Bein.

Die SS hat keine Zeit, Euch ein Grab zu geben. Lebt wohl, Kameraden! Wir fahren weiter!

Fedor drückt mir verstohlen die Hand.

,, Gut, Willy, Du abgestoppt. Sonst noch mehr Tote. Der verfluchte Ritterkreuzträger!"

Zwei Tage später ist Antek fort. Mit ihm noch sieben. Russen und Deutsche. Ein Loch in der Wand und nach außen eine schlaffhängende Decke zeigen den Weg, den sie genom­men haben.

Die Posten können uns noch so sehr drangsalieren. Die Lagerleitung kann die Strafen noch so hart ansetzen. Es wird weitergeflüchtet! Wir aber, die wir zurückbleiben, freuen uns, wenn alle gut wegkommen.

Den größten Triumph erleben wir, als ein Waggon Kriegs­gefangene abrücken.

Nacht ist es. Der Zug fährt nicht mehr, er kriecht. So lange wir schon unterwegs sind, so schlecht war die Strecke noch nicht wie hier. Von Partisanen wiederholt aufgerissen, wurde sie immer noch notdürftig ausgebessert. Die Schienen­

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