dann wollen wir wenigstens versuchen herauszukommen. Wir hoffen dabei, daß einige der nichtdeutschen SS auf Deck Dienst machen. Alles was möglich ist, haben wir vorbereitet. Jetzt heißt es abwarten. Unwillkürlich kommt mir die Zeile aus dem Gedicht ,, Nies Randers" in den Sinn: ,, Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt!" Endlos dehnen sich die Stunden. Jedes Gespräch verstummt nach und nach. Bei jeder Unruhe an Deck erwarten wir das Schlimmste. Immer sind wir bereit zum Handeln. Wir wissen, auf dem Schiff sind wir allein mit unseren Peinigern und den paar Mann der Besatzung. Soldaten, OT., Ausländer der OT. and die Hurenweiber von der Insel sind auf den anderen Schiffen verteilt.
Der Hafen von St. Malo wird erreicht und nichts hat sich ereignet. Am Anlegeplatz steht Wagen bei Wagen vom Roten Kreuz, und kein Toter und kein Verwundeter auf den Schiffen? Das wurde hier noch nicht erlebt! Es ist das erste Geleit, daß heil und unverletzt durchkam. Auch wir finden die Erklärung dafür. Die Alliierten haben gewußt, daß wir transportiert wurden, sie ließen uns passieren.
Die ersten Marschtritte auf dem Festlande, die ersten SS- Tritte auf unsere Körper. Wir spüren wieder die Brutalität der SS. Sie, die seit der Invasion auf den Inseln so klein waren, zeigen uns jetzt wieder, daß wir für sie nur Dreck, nur Sklaven sind. In den Baracken noch nicht recht warm geworden, haben wir schon die ersten drei Verwundeten. Jeder Schritt ein Karabiner- Posten. Jedes Schauen unsererseits ein mißtrauischer Blick ihrerseits. Und wir denken doch nur an Flucht. Alle Gedankengänge enden bei diesem Punkt. Wir sind doch auf dem Festland. Wir ahnen doch, was uns erwartet.
Toni streicht an mir vorbei. ,, Willy, komm nach hinten in die Ecke." Langsam folge ich ihm und finde die Kameraden schon versammelt. Pierre, der Franzose, ist da. Unsere vier Russen sind da. Ein Däne und wir Deutschen. Rudi, der Lagerführer- Kalfaktor, hat erfahren, daß wir sehr schnell hier raus müssen. Der Stadtkommandant duldet uns hier nicht. St. Malo ist Kriegsgebiet.
,, Also, Kameraden, was ist zu tun? Überall Wehrmacht , Gestapo , Polizei. Auf den Landstraßen Feldgendarmerie . Bis zur Front ein Weg von 80 km. Und wir wissen nicht die genaue Frontlinie. Hat es einen Zweck, von hier abzurücken?
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