da kann man sich vorstellen, was nun los war. Alles arbeitete fieber- haft. Die Kopfkeile wurden mittels einer langen Schnur ausgerichtet usw. Das Essen stand inzwischen im Waschraum und wurde kalt.

Eine besondere Vorliebe hatte die Lagerleitung für die Strafarbeit nach Feierabend. Arbeitskommandos, die ihr Arbeitspensum angeblich nicht geschafft hatten, mußten im Sommer bis zum Anbruch der Dun- kelheit weiterarbeiten, um dann in aller Hast das kalte Essen herunter- zuschlingen, nur um rechtzeitig ins Bett zu kommen,

Von Zeit zu Zeit wiederholten sich Fluchtversuche einzelner Sträf- linge. Die Nachricht von einer solchen Flucht brachte jedesmal eine gewisse Erregung in das Lager. Die heißen Wünsche der Zurückgeblie- benen begleitete die Flüchtlinge auf ihrem leider oft so kurzen Wege in die Freiheit. Die holländische Grenze war ja nicht weit! Doch die Ausreißer wurden fast immer, wenn auch erst nach Tagen, von der alarmierten Polizei wieder eingefangen. Sie lenkten schon durch ihre kurzgeschorenen Haare die Aufmerksamkeit auf sich. Übernächtigt, aus- gehungert, verfroren, gefesselt wurden sie in das Lager zurückgebracht.

Es war ein beschämender Anblick. Diese Niederlage fühlte jeder einzelne im Lager als seine eigene. Denn gern hätten wir die zusätz-

lichen Schikanen der SA-Polizei ertragen, wenn den andern dafür nur

die Flucht geglückt wäre. Es kam natürlich auch vor, daß bei einer

solchen Menschenjagd Todesopfer zu beklagen waren. Jedenfalls bekam

die Strafkompanie nach solchen Zwischenfällen Zuwachs. Vier Wochen

Arrest, anschließend drei Monate Strafkompanie war die übliche Strafe

für solcheMissetäter'. Hinzu kamen dieschlagenden Beweise der

braunen Bande.

ee

Die Strafkompanie war ebenfalls in der Arrestbaracke unterge- bracht. Diese armen K&le wurden wie die Clowns angezogen; sie trugen weiße Streifen um Oberkörper und Beine und auf dem Rücken als Zielscheibe einen weißen Punkt. Außerdem erhielten sie Arrestanten- kost und mußten nach Feierabend zusätzliche Arbeit leisten. Doch es gelang uns hin und wieder, den Arrestanten etwas Essen oder Tabak einzuschmuggeln. Diese Arrestbaracke war der Schauplatz mancher Tragödie. Hier wurden unsere Genossen zusammengeschlagen oder tagelang in.die ‚Acht geschlossen.

Abschließend möchte ich noch zwei Fälle angeblicherMeutereien erwähnen. Da die Lagerleitung häufig betrunken war, kam sie auf ganz besondere Einfälle. So wurde eines Tages eineMeuterei inszeniert, weil der verbotene Gefangenenchor in einer Ecke des Lagers eine Probe abgehalten hatte. Es dauerte nicht lange, da erschienen der Lagerleiter

20