meiner Freundin schwer auf die Seele gelegt. Sie hatte den Zugführer gebeten, sie zum Besuch auch in den anderen Waggon hinüberzulassen: ,, Ich möchte meine polnischen Frauen trösten." ,, Und wer tröstet Sie?" hatte der Beamte geantwortet. ,, Mich tröstet der liebe Gott." Da hatte er sie still von oben bis unten angeschaut und hindurchgelassen. Unsere Arbeit war getan, die Frauen waren alle ausgestattet, hatten ihre Mahlzeit bekommen und warteten abmarschbereit im Waschraum. Du reichtest mir die Hand, Irena Laskowska, ich bat dich, den Frauen allen meine Wünsche für die Reise zu sagen, und sie schauten freundlich drein, als wir einander umarmten zum Abschied.
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Vier Wochen nach meiner Einlieferung ins KZ- es war Ostern ich mit 40 Grad Fieber in dem ,, Krankenblock", in der oberen Bettenschicht. Wir ruhten dicht bei dicht nebeneinander, mehrere hundert in einem Raum, zu meinen beiden Seiten eine zum Skelett abgemagerte leidenschaftliche Polin und ein bronzefarbenes verträumtes junges Zigeunerkind, dessen schön gewachsene Glieder über und über mit großen Eiterwunden bedeckt waren, Folgen der Unterernährung wie man das im Lager so viel sah.( Der Versuch, das Zigeunervölkchen in Mitteleuropa auszurotten", dessen Zeuge wir wurden, ist hinter den ungeheuerlichen Ausmaßen des Feldzuges gegen die Juden allzusehr in den Schatten getreten. Die Zigeuner haben in der weiten Welt offenbar keinen rechten Anwalt gefunden.) Es war Ostern. Und wie ich es im KZ, seit man mir die Bibel genommen hatte, hielt, daß ich täglich mir und, wo die Gelegenheit sich gab, auch anderen eine Geschichte der Bibel erzählte, so wollte ich mir an diesem Tage die Ostergeschichte erzählen. Doch meine Konzentrationskraft reichte nicht aus: das Fieber versengte mein Gehirn, und immer ab und an mußte ich die Augen abwenden von dem kleinen schwarzen Sack am Fußende unseres Bettes, der meine gesamte winzige Habe barg. Er war verkrustet von den Eiterausscheidungen des jungen Zigeunermädchens neben mir, doch das war nicht das Schlimme, sondern daß dieses schwarze Kerlchen immer von neuem vor meinen Fieberaugen einen neckischen, höhnischen Tanz aufführen wollte, sich von einem Bein auf das andere schwang und mir zuwinkte: ich komme zu euch allen, ich sammle dich, euch alle ein, ich behaupte hier das Feld, ich lege mich über das Ganze, und das wird das Ende sein. Und doch drang dieser Veitstanz des kleinen Gesellen nicht tief in mich ein; mit einer leichten Bewegung konnte ich das tanzende schwarze Männlein immer wieder beiseite schieben. Ich konnte meine Gedanken selbst
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