Schwachen immer abwechselnd im Block zurückbehalten. Das wäre weniger kompliziert gewesen, wenn wir nicht unglücklicherweise„, Besichtigungsblock" gewesen wären. Aber ein Häftling muß sich in jeder Situation zu helfen wissen.
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Um wenigstens eine Minute vor dem Herannahen der Besichtigung Bescheid zu wissen, postierte ich eine Bibelforscherin des Zimmerdienstes, davon gab es auf jedem Blockflügel vier, an das hinterste Schlafsaalfenster, auf der der Lagerstraße zugewandten Barackenseite. Sie hatte nichts anderes zu tun, als„ ,, Ausschau zu halten". Außerdem gingen um die gefährlichen Tagesstunden, das war gegen 11 Uhr vormittags und 3 Uhr nachmittags, die Stubenältesten oder ich zu irgendwelchen Gängen durch das Lager, um die Lage zu prüfen. Dann hatte die Bibelforscherin Marianne Korn, die Sekretärin der Oberaufseherin, die feste Weisungund sie wußte, was auf dem Spiel stand bei herannahender Gefahr uns sofort Nachricht zu schicken. Und sowie der Ruf ertönte ,, Sie kommen!", stürzten alle die Kranken ohne ,, Innendienstkarte" in die Klosetts und schlossen sich ein; den heimlich im Bett Liegenden, die im ,, dritten Stock" ganz hinten im Schlafsaal versteckt waren, wurde zugerufen, sich mäuschenstill zu verhalten. Im gleichen Moment beförderte man alle Töpfe und Schüsseln mit Suppe, Kaffee und Kartoffelbrei vom Ofen und riẞ sofort die Fenster des Tagesraumes auf, um eventuellen Geruch nach Essen zu vertreiben. Die erlaubten" Kranken und der Zimmerdienst saßen in Reih und Glied an den vorderen Tischen, und ich ging mit eiligst korrekt gebundenem Kopftuch, zugeknöpftem oberen Kragenknopf, immer mit wankenden Knien, aber stramm militärischer Haltung und einem Gesicht, aus dem überlegene Ruhe sprach, dem Schwarm der Besucher, mit Kommandant Kögel an der Spitze, entgegen. Dann stand ich im Rahmen der Blocktür, vor mir Kögels feistes Gesicht mit der SS - Mütze. Je nach Rang und Bedeutung der Besucher war er in Galauniform, mit einer ganzen Garnitur von Orden behängt oder nicht. Die Hände an der Kleidernaht, die Hacken zusammen, rapportierte ich: ,, Blockälteste Margarete Buber, Nr. 4208, melde Block 3, belegt mit 275 Bibelforscherhäftlingen und drei Politischen , davon 260 in Arbeit, 8 Zimmerdienst und 7 Innendienstkarten". Kögel starrte mich an, und seine blankrasierten Backen zuckten, so biß er die Zähne aufeinander. Dann wandte ich mich zum Korridor und öffnete im Vorausgehen Kämmerchentür, Dienstzimmer, die ersten drei Kasernenspinde und brüllte zu gleicher Zeit die paar Weiblein mit einem schneidigen ,, Achtung!" an, worauf sie wie durch eine Sprungfeder in die Höhe schnellten. Die Besucher waren geblendet von Zinn - und Aluminiumglanz. Fragen an die Häftlinge stellte fast nur Kögel. Sowie ein Besucher sich in ein Gespräch mit Häftlingen einlassen wollte, fuhr der Lagerkommandant eiligst dazwischen. Jedesmal wandte er sich an irgendeine Bibelforscherin:, Warum wurden Sie verhaftet?"..Ich bin Zeugin
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