und Treppe waren voll von Menschen. Sie hockten und standen herum. Kinder umspielten die wartenden Mütter. Ich erfuhr, daß man sich drinnen, hinter der Tür, bei einem Posten melden mußte, seinen Paẞ vorzeigen und dann eine Nummer erhielt. ,, Ja, aber ich habe keinen Paẞ. Ich bin eine Ausländerin. Meine Vid na shitjelstwo( Aufenthaltserlaubnis) haben sie in der Komintern zurückbehalten", erklärte ich dem Posten. Bringen Sie Ihr Dokument, und Sie werden einen Propusk ( Durchlaßschein) erhalten!" war die kurze, korrekte Auskunft des Soldaten. Ich ging zu meiner freundlichen Alten. Sie wußte da keinen Rat. Ja, so sind eben die Bestimmungen.." Mit einem freundlichen ,, Doswidanija"( auf Wiedersehen) trennten wir uns.
Mein Zimmer im Hotel,.Lux", dem Gemeinschaftshaus der Komin tern , trug noch die Spuren des wüsten Durcheinanders nach der Haussuchung und Verhaftung meines Mannes vor nunmehr drei Tagen. Auf dem Boden lagen Bücher und Papierfetzen.
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Jetzt werden drei Maifeiertage kommen, die Gefängnisschalter geschlossen sein, und ich kann ihn nicht suchen. Immer wieder kommt mir die Erinnerung an die Nacht vom 27. zum 28. April. So gegen 1 Uhr nachts klopfte es dröhnend an unsere Zimmertür. Ich sprang aus dem Bett, knipste das Licht an. Die Schläge gegen die Tür wiederholten sich. Heinz um Gotteswillen, wach doch auf!" Er drehte sich lächelnd auf die andere Seite.
Zitternd öffnete ich die Tür. In ihrem Rahmen standen drei uniformierte NKWD Beamte und der Kommandant des Lux". Die Worte, die sie an mich richteten, drangen nicht bis zum Bewußtsein. Es dröhnte, es hämmerte, es sang in den Ohren. Meine Stimme versagte mir den Dienst.
Knarrende Stiefel erfüllten unser Zimmer. Sie umstanden das Bett des friedlich schlafenden Delinquenten. Erst das„ Nejman stawajtje!" ( Neumann stehen Sie auf!) ließ ihn hochfahren...Haben Sie Waffen?" war die nächste Frage. Nur einige Sekunden war ein fast kindliches Entsetzen auf seinem Gesicht, dann, als ob er erwache, wurde es grau und mager, entschlossen, um das Leben zu kämpfen. Seine Faust fuhr über die Bettdecke. Ich protestiere gegen meine Verhaftung!" ,, Das können Sie später machen", erwiderte höhnisch der Natschalnik( Anführer) des Kommandos. Er trug eine randlose Brille, die ihm das Aussehen eines Intellektuellen gab.
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,, Ziehen Sie sich an!" war das nächste Kommando. Dann trat er ans Fenster, schloß es und zog die Gardinen sorgfältig vor. Der Kommandant des Hotels, Gurewitsch, saß mit von sich gestreckten Beinen in einem Sessel, während die drei anderen die Durchsuchung des Zimmers be
gannen.
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