stand einer in NKWD - Uniform. Aus den verschiedenen Büroräumen war ein Kommen und Gehen von Soldaten mit dem hellblauen oder kardinalroten Streifen der GPU - Formationen an den Mützen. Das waren die einzigen, die laut sprachen und sich polternd bewegten.
Schrecklich langsam rückte ich in der Schlange vorwärts. Ich sah in die umstehenden Gesichter. Überall das gleiche verängstigte Leiden. Vor mir stand eine hochgewachsene Frau in elegantem Pelzmantel, hinter mir ein Mütterchen im Umschlagetuch, das die Stirn verdeckte, nur den vergrämten Mund und die Augen frei ließ. Viel mehr Frauen als Männer standen dort. Junge und Alte, Gutgekleidete und solche in schäbigen wattierten Jacken.
-
-
Man sprach leise miteinander: Haben Sie Ihren schon gefunden? Durften Sie Geld einzahlen? Wie lange ist er schon drin?" Und dann immer die gleiche Erzählung: ,, Nachts so gegen 1 Uhr sind sie gekommen. Nach Waffen haben sie gefragt, alles durchgesucht, und nichts durfte er sich mitnehmen. Und ich weiß bestimmt, daß er unschuldig ist." Das Herz klopft, der Mund ist ausgedörrt. Jetzt noch drei vor mir. Ich versuchte die Frauen und die Antwort aus dem Schalter zu verstehen. Habe aber mein ganzes Russisch vergessen. Und dann stehe ich vor dem Fensterchen. Es ist so hoch, daß man mit Mühe hineinsehen kann, und dahinter sitzt ein unbewegtes Gesicht mit einem Kneifer. Ich stottere meine eingelernten Sätze, komme gar nicht bis zum Ende, will aber das Paket ist viel zu groß den Brief durch das Loch reichen ein schneidendes ,, njet!" bricht jede weitere Frage ab, und schon schiebt mich der Menschenstrom zur Tür hinaus. Mit Tränen in den Augen stehe ich blinzelnd auf der sonnigen Straße, das Paket unterm Arm und den Brief in der Hand.„ Sie müssen nach Butirki gehen, vielleicht können Sie ihn dort finden!" Das Mütterchen im Kopftuch steht tröstend neben mir. ,, Meiner ist auch nicht da. Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Weg, und wie man es machen muß." Wie wir durch die geschmückten Moskauer Straßen gingen, durch die Transparente mit der Aufschrift:„ Es lebt sich besser, es lebt sich fröhlicher!( Stalin )" erzählte mir die alte Arbeiterfrau, daß man vor ein paar Tagen ihren Kolja, den jüngsten, geholt hat. ,, Ja, da sagt man ihnen immer, sie sollen kritisieren, und wenn mein Kolja ein bißchen zuviel getrunken hat, dann kritisiert er eben. Nun haben sie ihn geholt. Er hat auf dem Bau gearbeitet und ist ein so guter Junge." Ich will irgend etwas Freundliches, Tröstliches zu ihr sagen: ,, Glauben Sie nicht, daß er wieder herauskommen wird?" ,, Aber wo denken Sie hin! Wer einmal in dieser Fleischmaschine drin ist, kommt nicht heil wieder heraus!"
-
In einer langen, hohen Mauer ist eine kleine Pforte. Drinnen ein schmaler Hof, von dem eine Treppe zum Raum mit den Auskunftsschaltern des politischen Untersuchungsgefängnisses Butirki führt. Hof
10