®
versteckt gehalten werden. Scherer versammelte die Seinen am Samstag, be- waffnete sie und stürmte‘ das Rathaus. Hierbei gerieten sie mit einer kleinen SS-Formation in einen Feuerkampf, in welchem drei Spanienkämpfer gefallen
- sind. Es waren die Kameraden Fritz Dürr, Anton Hackel und Otto Endrian. Sie sind gefallen, um uns das Leben zu retten und dafür soll ihr Andenken bei uns stets in Ehren bleiben!
War unser Leben im Lager in den letzten Tagen gefährdet durch die SS? Auf diese Frage bekamen wir eine erschütternde Antwort nach der Einnahme des Lagers durch die Amerikaner. Man fand nämlich in der Kommandantur zwei Telegramme von Himmler persönlich. Das eine war vom 14. April und lautete: „Die Übergabe kommt nicht in Frage. Das Lager ist sofort zu evakuieren. Kein Häftling darf lebendig in die Hände der Feinde kommen. Die Häftlinge haben sich grauenhaft gegen die Bevölkerung von Buchenwald benommen. gez.
- Himmler .‘ Das andere Telegramm war vom 17. April und lautete:„Lager evakuieren! Revier bleibt! Alles liquidiert! gez. Heinrich Himmler .‘ Nun hatten wir auch eine Erklärung für die Transporte im letzten halben Jahr. Wir konnten uns nämlich nicht erklären, welchen Zweck es wohl hatte, die Häft- linge von einem Lager in das andere zu verschieben. Zuerst wurden plötzlich alle Kommunisten aus unserem Lager entfernt. Es waren die Funktionäre der Partei oder solche, die einen Posten im Staate inne gehabt hatten. Es hieß, sie kämen alle nach Neuengammen bei Hamburg . Unter ihnen war auch unser lieber Kamerad Lyder Winters aus Bremen , früher Bürgermeister in Sachsen . Wie viele von diesen Leuten mögen heute noch. leben? Diese bange Frage ist berechtigt, wenn man die Transporte gesehen hat, die von anderen Lagern in Dachau ankamen. Im Revier lag neben mir ein Kamerad vom Buchenwald - Transport. Er war halb verhungert, als er eingeliefert wurde. Wir halfen ihm so gut wie möglich. Er lebte wieder auf und erzählte Einzelheiten von dem Transport. Mit 5000 Mann zogen sie aus, ein endloser Zug armer Menschen. Tag und Nacht mußten sie zuerst marschieren. Wer nicht weiter konnte und nur etwas zurückblieb, wurde vom Posten einfach: erschossen. Die Leichen wurden in den Straßengraben geworfen. Dann wurden sie verladen, teils in offene, teils in geschlossene Waggons. Das Ende war das Bild auf dem Dachauer Bahnhof, 1200 Leichen!
Kaum waren die Amerikaner erschienen und hatten das Lager befreit, ent- faltete sich im Lager ein neues frohes Leben. Die einzelnen Nationen schlossen sich zusammen und bildeten eigene Komitees zur Wahrung ihrer Interessen. Aus diesen Komitees wurde ein großes internationales Komitee gebildet. Es nannte sich„I. H. K.“ Internationales Häftlings-Komitee. Seine Aufgabe war, dem amerikanischen Kommandanten des Lagers zur Seite zu stehen und ihm die Wünsche der Häftlinge zu unterbreiten. Am 25. April trat dieses Komitee mit folgender Bekanntgabe an die Öffentlichkeit:
„Kameraden! Im Konzentrationslager Dachau hat sich als oberste Repräsentation der Häftlinge aller Nationen und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ord-
201


