Meine Kameraden hatten ursprünglich daran gedacht, mich in die Krankenbude umziehen zu lassen, womit diese endlich erstmalig ihrem Verwendungszweck zugeführt worden wäre, Ich habe dem zugestimmt, schon um weitere Ansteckungen zu verhindern, aber auch, im etwas Ruhe zu haben, die ich in unserer Stube, wo sich nach wie vor das täg- liche Leben von zwölf Mann abspielte, nicht bekommen konnte, An einem Sonntagnachmittag leierte beispielsweise unser musikliebender Chauffeur Welicki, während die anderen Bewohner unserer Baracke Karten spielten, dazu unablässig stundenlang seine Schlager herunter, von denen ich auch bei dieser Gelegenheit nicht habe feststellen können, ob es eigentlich drei oder vier waren. In gesunden Tagen hatte ich vor dieser Musik, die mir schon damals auf die Nerven fiel, stets die Flucht ergriffen, jetzt mußte ich sie über mich ergehen lassen, was bei über 40 Grad Fieber nicht gerade eine Kleinigkeit darstellte. Es war tatsäch- lich Zum-die-Wände-Hinauflaufen, die allerdings über meiner Lagerstatt ja auch keineswegs mehr hoch waren, Mein Umzug in die Krankenbude erwies sich aber als technisch undurchführbar. Diese kleine Baracke lag derart ungeschützt und der herrschenden Kälte ausgesetzt, daß der Raum, der außerdem noch erheblich zugiger war als der unsere, mit dem dort stehenden Ofen überhaupt nicht warm zu bekommen war,

An dem Abend, an dem dieses negative Ergebnis bekannt wurde, er- schien unser früherer sogenannterLagerführer Robert bei mir mit der Frage, ob ich nicht besser in ein Krankenhaus gehe. Auch dies war wohl wieder ein verkappter Ratschlag des Herrn Dr. Zick, nachdem meine Er- krankung in Duingen Stadtgespräch geworden war, Der Gedanke leuch- tete mir ein, da ich mir sagen mußte, daß ich bei einer Fortdauer des hohen Fiebers und bei noch größerer Schwächung meiner Kräfte meinen Kameraden wohl bald recht fühlbar zur Last fallen mußte, zumal sich, wie unser Lager nun einmal angelegt war, täglich ein mehrfacher Weg durch den zwischen den einzelnen Baracken liegenden hohen Schnee nicht vermeiden ließ. Der von Robert gemachte Vorschlag war aber sehr schwer auszuführen. Zunächst war es sicher schwer, die Zustimmung der Bahnverwaltung zu erhalten, die sich darauf berufen konnte, daß sie eine Genehmigung der Gestapo benötige, die ohne Frage niemals erteilt worden wäre, Dann war es zweifellos schwierig, in einem der Kranken- häuser unserer Gegend, die sämtlich überfüllt waren, ein Zimmer zu be- kommen und wohl noch schwerer, ein Krankenauto zu organisieren, das mich abschleppte. Als ich Toms davon sprach, sagte er, ich hätte die Hauptschwierigkeit noch vergessen, die darin bestehe, daß unser Wunder- doktor niemals einwilligen würde, weil er hierin eine Kapitulation be- treffs seiner berühmten Spritzkur erblicken müßte, die er als völlig un- vereinbar mit seinem ‚Prestige ansehen würde. Er wolle aber trotzdem alles tun, und es treffe sich insofern gut, als unser Paracelsus heute über Land sei, um entfernte Gegenden unseres Kreises mit seiner Kunst zu beglücken; es sei infolgedessen möglich, den anderen Duinger Arzt zu holen, der weit vernünftiger sei. Auch dieser war an dem betreffenden Tage über Land gefahren, und es gelang meinem guten Freunde Toms

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BETTER TEE RETTEN

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