war, hatte ich früher einmal gelesen, daß wir durchweg weder Gemein- schaftssinn hätten, noch Führerpersönlichkeiten, die„Massenwirkung” hätten, hervorbringen könnten; wir seien alle mehr oder weniger„un- fruchtbare Individualisten”. Ein Körnchen Wahrheit mag in diesem Salz insofern gewesen sein, als es sich auch bei uns als im allgemeinen recht schwierig erwies, die einzelnen Kameraden in unsere nun zur Wirklich- keit gewordene Gesamtheit einzuordnen, Die dabei auftretenden Hemm- nisse waren aber doch wohl überwiegend darin begründet, daß unsere Schar allzu verschiedenen Lebensaltern, nämlich vom 16jährigen bis zum 70jährigen, angehörte und daß sie sich außerdem aus Männern aller nur erdenklichen Berufe und Lebenskreise, vom Heizer und Bulldoggfahrer über die verschiedensten Handwerker und kaufmännischen Angestellten bis zu selbständigen Kaufleuten und Akademikern zusammenselzte.
Da unser„Lagerführer”, der dies ja, wie wir erst viel später erfuhren, tatsächlich überhaupt nicht war, abgesehen von der Versorgung unserer Mägen nur mit seinem Titel geschmückt spazierenging, mußten wir uns zunächst selbst einen„Kameradschaftsführer” wählen, der uns alle bei der Bahnverwaltung und den übrigen Behörden, wie dem Bürgermeister, der Arbeitsfront, dem Wirtschaftsamt und dem Arbeitsamt usw. vertrat und ferner als oberste Lagerinstanz für die Ordnung in unserem„Hause“ verantwortlich war, die Post besorgte, zusätzliche Lebensmittel und im Lager notwendige Bedarfsgegenstände heranschaffte usw. Nicht jeder von uns war geneigt, dieses verantwortungsvolle und ebenso ohne Frage oft unerfreuliche Amt zu übernehmen. Ein geeigneter Verwalter des- selben, der auch bereit war, sich mit solcher Treuhandschaft zu befassen, fand sich in unserem Kameraden Schulenburg, der ohne eigentliche Wahl durch Akklamation zu seiner Würde erhoben wurde, nachdem sich vor- her unser„Tribunal“ auf ihn geeinigt und ihm die Zusicherung gegeben hatte, daß wir in jeder Hinsicht hinter ihm stehen würden, solange er die Interessen der Allgemeinheit pflichtgetreu und sachgemäß vertrete, Schu- lenburg war ein ideal gerichteter Mann, der für den ihm von uns anver- trauten Posten manche Eignung und Begabung mitbrachte: Er war in der Menschenbehandlung und jeglicher Verhandlungsführung stets sehr ge- schickt und außerordentlich redegewandt, Er war ein aufrichtiger Men- schenfreund und schien als solcher wie dazu geschaffen, Schicksalsgenos- sen, die irgendwie in Schwierigkeiten gerieten, tatkräftig zu unterstützen. Als ausgezeichneter Kamerad hatte er sich bereits als Kurier in unserem illegalen Farger Brief- und Paketpostverkehr erwiesen. Wir drei vom „Tribunal“, von denen keiner Neigung gehabt hatte, das Amt des Ver- trauensmannes selbst zu übernehmen, gaben Schulenburg und auch uns untereinander das Versprechen, stets unter allen Umständen für die Ordnung in unserem kleinen Gemeinwesen einzustehen, und wir haben Schulenburg von vornherein zu verstehen gegeben, daß er unser Mann sei, solange er mit unserer Hilfe diese Ordnung aufrechterhalten könne,
In den vier Stuben unserer Doppelbaracke, die von je 10 bis 11 Mann bewohnt waren, wurde je ein Stubenältester gewählt, der für Ordnung und Sauberkeit in seinem Herrschaftsbereich aufzukommen hatte. Auf
160
der S kamm aufers grenz: stein, für di Kame Der voll, war, er eiı heit| der C beka;
Unser


