»die ihm ein halb verwegenes und halb aristokratisches Aussehen gab. Wöösch konnte reden, überzeugend und entwaffnend argumentieren, sogar gegenüber der SS, und hatte oft seinen Block aus schwierigen Situationen gerissen, Er konnte deklamieren, dichten und eih improvisiertes Theater veranstalten, das selbst den ärmsten Häftlingen ein frohes Lachen entlockte. Der geborene Komiker war er. Wenn er sein Gebiß(ein Ersatz für seine durch die SS ein- geschlagenen Zähne) aus dem:-Munde nahm, konnte er die wunderbarsten Fratzen und Grimassen schneiden und Kapriolen machen, daß das Lager sich vor Lachen bog und selbst die SS seinen Späßen geneigt erschien. Er war so etwas wie ein Lagernarr, aber er genoß eine unumschränkte Autorität, geist- voll, redegewandt und willensstark wie er war. Man muß bedauern, daß dieser Mensch von Format in Zuhälterkreise geraten war. Es wäre aus seinen Anlagen viel und Besseres zu entwickeln gewesen.
Wöösch kontrollierte nun die brieflichen Angaben Engels, bevor diese in die Hände Ramdohrs kamen. So war er über alles genauestens unterrichtet und traf die notwendigen Gegenmaßnahmen, ehe neue Verhaftungen durch- geführt werden konnten.
Das trieb„die Wöösch“ monatelang, bis die blutige Abrechnung erfolgte.
Engels war inzwischen Blockältester auf dem Russenblock geworden, wo er nur noch mit dem Gummiknüppel„Ordnung“ hielt. Zweimal waren erfole- lose Versuche gemacht worden, ihm das schurkische Handwerk zu legen. Neue Verhaftungen waren die Folge.
Und eines Morgens hatten ihn die Russen unter ihren Füßen und stampf- ten und traten nach ihrem Peiniger. An diesem Morgen kam er noch einiger- maßen gnädig davon. Wenige Tage später ereilte ihn dasselbe Mißgeschick Jetzt aber hatten die Russen gründlichere Arbeit geleistet. Er mußte-auf der Tragbahre ins Revier geschafft werden.
Ramdohr bangte um die Sicherheit Engels und nahm ihn in eine wohnlich eingerichtete Zelle in den Bunker. Dort verblieb er bis zu seiner Wiederher- stellung. Auf dem Wege ins Lager wurde er von einem SS-Mann aus Rache für die denunzierten SS -Leute„auf der Flucht erschossen“.
Das war das Ende dieses feigen, aber skrupellosen Verbrechers, der durch sein kriecherisches Wesen, durch seine Denunziationen, durch seine gemeinen und niederträchtigen Verleumdungen auch eine Anzahl Unschuldiger den Folterungen eines gewissenlosen Henkers und Inquisitors ausgeliefert hatte.
Auf Grund der Angaben von Engels wurden fünf Häftlinge öffentlich er- hängt, zwei„auf der Flucht erschossen“, das gesamte Lager erhielt einige Monate Paketsperre und mußte drei Wochen lang im Winter jeden Abend zwei Stunden lang„strafstehen“.


