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Stunde ch der Junkler
erhardt Landes-
-finste- je nach zu vel-
"habe, um sich„nicht mitschuldig zu machen“
"Marktplatz zu meiner Freilassung und erklärte zum Schluß,
Zu Hause hatte meine treusorgende Frau alles festlich für den Heinmikeh- renden geschmückt. Die zahlreichen kleinen Aufmerksamkeiten, die mich umfingen und beglückten, trieben mir Tränen in die Augen. Und als unser Junge, ein noch nicht dreijähriges Bübchen, mich mit einem langen Gedicht, von seiner„Mumi“ verfaßt, begrüßte, war ich vor Rührung und Glück hilflos wie ein Kind.
Ich war nun frei, aber ich fühlte mich nicht frei. Auf Schritt und Tritt spürte ich die Ueberwachung. Für meine ehemaligen Parteifreunde war es jetzt besonders gefährlich, sich mit mir sehen zu lassen. Die meisten über- sahen mich. Nur wenige Getreue fühlten solidarisch mit mir.
Mit meisem Freund Baege traf ich mich nur abends. In seine Wohnung durfte ich nicht kommen, da er auch überwacht und jede unserer Zusammen- künfte genauestens registriert und gemeldet wurde. Ich wußte das und mußte mich zurückhalten, um ihn nicht noch materiell zu schädigen. Er lebte in
"Lobeda bei Jena bescheiden und dürftig und hatte oft im Monat nicht ein- "mal so viel wie ich als Arbeitsloser. Ich habe mich darum auch oft hinter
seinem Rücken an seine reichen, Freunde im Reiche gewandt und ihnen seine Notlage geschildert. Ich weiß nicht, ob er das jemals erfahren hat. Aber wenn eine unverhoffte Geldsendung an seine Adresse gekommen war, dann stahl er sich abends in der Dunkelheit in meine Wohnung und packte freudestrahlend mancherlei Kostbarkeiten auf den Tisch: Wurst, Butter, Schinken, Schokolade, Tabak, Zigaretten, Wein usw. Welch kindliche Freude hatte dieser alte, weißhaarige sozialistische Kämpfer dabei, wenn er von seiner eigenen Freude abgeben und uns den Tisch decken konnte.
Den Zusammenbruch des Nazireiches hat Baege leider nicht mehr erleben dürfen. Er starb kurz nach dem Tode seiner Frau als ein Opfer der Nazis schlechthin an Entbehrung und Hunger.
Während’sich fast alle ehemaligen Parteigenossen nach meiner Gefängnis- haft völlig von mir zurückzogen, gab es eine Anzahl kleinerer Geschäftsleute, die ihre Sympathie zu mir ganz öffentlich zum Ausdruck brachten und mir Gutes taten, wo sie nur konnten.
Auch der alte Amtsgerichtsrat Stolze winkte mich auf der Straße zu sich heran und entschuldigte sich, daß er den Haftbefehl gegen mich unter- schrieben habe. Er teilte mir auch mit, daß er seinen Abschied genommen in einem Staate, wo„Macht
vor Recht‘ gehe. Und der Amtsgerichtsdirektor Riedel beglückwünschte mich auf dem daß mein Prozeß
„kein Ruhmesblatt in der deutschen Justiz‘“ gewesen sei.
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