einer jungen Frau, die ein Kind im Arm hielt. Immer wieder hörte man laut Klagen und Rufe der Juden, manche warfen sich vor Schmerz auf die Erde. Janina und ich konnten den Anblick kaum ertragen.

Die Öffnung der Massengräber wird fortgesetzt. Janina blieb zu Hause, aber ich mußte wieder hingehen, da man mich zur Identifizierung der Leichen brauchte. Hinter dem Schloß grub man heute neunzehn Personen aus. Darunter waren der junge Oehl, seine Frau und ihr Kind, die reizende Noemi, die ich oft auf meinen Knien gehalten habe. Auch sonst mußte ich gerade aus diesem Grab viele Bekannte in der Entstellung des gewaltsamen Todes wiedersehen. Alle bis auf das Kind hatten Kopf- schüsse; nur einem Opfer war der Schädel eingeschlagen. Ein Zeuge berichtete, wie die Ermordeten sich erst ihr

Grab gegraben, dann sich vor ihm aufgestellt und den tödlichen Schuß empfangen hatten. Das Kind wurde weinend in das Grab gestoßen. Ein Bauer, der beim Zu- werfen des Grabes helfen mußte, hatte das Kind noch lange, als schon Erde über das Grab gelegt war, weinen hören. Seine Aussage wurde zu Protokoll genommen.

Im Walde von Lubianka wurde das Massengrab der zweiundsiebzig Geiseln der ersten Aktion gefunden und in Anwesenheit der Kommission geöffnet. Auch hier scheint der Vorgang der übliche gewesen zu sein: die ver-

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