gerichtet. An ihm hing ein Mensch in zerrissener Uni- form und Neugierige umringten ihn. Als wir näher- traten, sahen wir, daß der Erhängte der einst so gefürch- tete SS-Gendarm Jetzt war. Jetzt hat Hunderte von Juden erschossen und ist mit mancher Greueltat belastet vor seinen Richter getreten. Aber so schwer sich auch dieser Scherge wider die Menschlichkeit vergangen haben mag, es wäre mir lieber gewesen, ihn hier nicht hängen zu sehen. Ich weiß nicht, was man mit den Funk- tionären des Mordes anfangen soll, mit denen, die so grausam und so unvorstellbar vielfach geschlagen und getötet haben. Ich kenne die Strafe nicht, die die Er- mordeten lebendig, die das Unrecht ungeschehen machen könnte. Die erlittene Bitternis läßt mich keine Antwort auf die alte Frage finden: Was ist Gerechtigkeit in dieser Welt? Ich möchte nicht, daß das Morden nunmehr fort- gesetzt, daß weiterhin Galgen errichtet werden und Er- schießungskommandos ihr blutiges Werk tun. Ich sage, _ es ist genug getötet worden. Der Mensch hat genug Blut vergossen. Kain hat immer wieder Abel getötet. Es ist für alle Zeit genug!.

Es ist Mai geworden, und unser Gesundheitszustand bessert sich. Janinas blasses Gesicht hat schon etwas Farbe angenommen. Dagegen fängt unser Wirt allmäh- lich zu kränkeln an. B. ist ein eigenartiger Mensch. Er hat uns geholfen, er hat uns zweifellos das Leben gerettet, und doch hat er uns auch in unserer Notlage erpreßt. Unsere Gefühle gegen ihn sind dementsprechend; mal

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