Um vier Uhr am Nachmittag kam Mietek wieder. Wir saßen noch immer steif und erstarrt in der Erdhöhle. Mietek berichtete, daß seine Braut frei würde. Sie sei aber schon zum Bahnhof gebracht, wohin er auch eilen wollte. Wieder verging Stunde um Stunde. Mietek kam nicht zurück. Wir warteten. Es war so ruhig. Es war unheimlich ruhig. Wir lauschten angespannt auf jeden sich nähernden Schritt. Aber Mietek kam nicht. Vor­sichtig öffneten wir die Klappe, um etwas Luft zu be­kommen. Wir wagten es aber noch immer nicht, aus dem Versteck hervorzugehen. In der Ferne hörten wir Ma­schinengewehrfeuer. Das waren Hinrichtungen! Janina geriet Mieteks wegen in immer größere Unruhe. Auch ich war in Sorge, aber ich versuchte, die Sorge zu verbergen. Es war eine lange Nacht. Die ganze Nacht blieben wir in unserer Höhle. Endlich, nach vierundzwanzigstündi­gen Höhlendasein, verließen wir um sechs Uhr früh das Versteck. Ich wagte mich vorsichtig auf die Straße. Wieder lagen Tote am Straßenrand. Ihre Glieder waren steifgefroren. Ihr Blut hatte den Schnee gefärbt. Bauern, die auf dem Wege zum Markt waren, umstanden sie neu­gierig und, wie es schien, ohne jedes Mitgefühl. Nur wenige lebende Juden hatten sich wie ich auf die Straße gewagt. Ängstlich und verstört wie in die Enge getrie­bene Tiere blickten sie um sich. Und dann hörten wir, daß Sternberg, der Kommandant der jüdischen Miliz, zu­sammen mit acht und vierzig Milizmännern erschossen wur­de. Von der Miliz waren eintausendfünfzig Juden erschos­sen worden. Die Milizmänner hatten sie begraben müssen. Dann wurden sie selbst vor die Maschinengewehre ge­stellt. Janinas un heilvolle Ahnung bestätigte sich jetzt in tragischer Weise: auch Mietek war erschossen worden.

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