der eben gemachten unheimlichen Enthüllungen über seine Verbrechen glaubte der SS- Standartenführer Kaindl, es sei noch immer die rechte Zeit und der rechte Ort für falsche Pathetik und verlogene Entschuldigungen.
» Jawohl!« rief er in den Saal,» während meiner Dienstzeit mußten 8000 Menschen verhungern, und 36000 sind vernichtet worden. Für diese furchtbaren Massenvernichtungen trage ich voll und ganz die Verantwortung. Aber das alles war zwangsläufig bedingt durch meine soldatische Erziehung. Ich war als Soldat gezwungen, Befehle zu erfüllen und Befehle weiterzugeben, die verbrecherisch waren!<<
Höhn, August.
Der ehemalige zweite Lagerführer von Sachsenhausen, August Höhn, ist von Beruf Schneider . Sein Äußeres, seine kleine schmächtige Statur, entspricht bei weitem mehr dem erlernten Beruf als dem blutrünstigen Handwerk des Henkers, das er freiwillig übernahm. Höhn, so wie er in der Anklagebank sitzt, ist ein unansehnlicher, hagerer Bursche, ja, man möchte sagen, ein häßlicher Zwerg. Nur eine abnorm hoch entwickelte Schädeldecke zeichnet ihn aus, unter der das Gesicht viel zu klein erscheint. Seine tiefliegenden Augen funkeln bös und verschlagen.
Der Weg dieses Zwerges von Nadel und Zwirn zu Pistole und Peitsche ist bezeichnend für die unheimliche moralische Verderbnis, welche der Faschismus auf das Einzelindividuum ausübte.
Wahrscheinlich wäre dieser als Sohn einfacher Eltern in einem kleinen rheinischen Dörfchen geborene Mensch zeitlebens der biedere Schneidermeister in der Stadt Mettmann im Rheinland geblieben, der er vor 1933 war, und vielleicht hätte er als solcher keiner Fliege etwas zuleide getan, wären die in ihm wohnenden niederen Instinkte nicht durch das Nazisystem geweckt und gefördert worden. Sicherlich ist dieser geistig und körperlich zu kurz gekommene Mensch immer von Minderwertigkeitsgefühlen vollgepfropft gewesen, und sehr wahrscheinlich mag er in seiner Schneider
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