die Operation durchgeführt hatte, benötigte zum weiteren Studium das Auge, weswegen wir die Frau erschießen mußten.
Um keine Nuance ändert sich der Ton dieses ehemaligen SS- Standartenführers, als er schließlich in nüchternen Zahlen die grausige Bilanz seines Kapitalverbrechens zieht. Staatsanwalt: Wieviel Häftlinge wurden während Ihrer Tätigkeit als Lagerkommandant, also in zwei Jahren acht Monaten, in Sachsenhausen vernichtet?
Kaindl( senkt den Kopf zu kurzer Besinnung, dann wendet er sich dem Dolmetscher mit klarer, fester Stimme zu): Alles zusammengerechnet wurden rund 42.000 unter meiner Verantwortung vernichtet, davon unmittelbar im Lager selbst etwa 18000.
Staatsanwalt: Und wie viele starben an Hunger während Ihrer Zeit?
Kaindl: An Hunger starben während dieser Zeit nach meiner Schätzung etwa 8000 Häftlinge.
Zum Schluß dieses ersten aufsehenerregenden Kreuzverhörs durch den sowjetischen Staatsanwalt bestätigt Kaindl noch einmal vor aller Öffentlichkeit den ruchlosen Plan zur Versenkung von über 45 000 Menschen auf offener See; ein Plan, der nur durch den überraschend schnellen Vormarsch der Sowjetarmee verhindert wurde.
Staatsanwalt: Angeklagter Kaindl, erhielten Sie, um die Spuren der begangenen Untaten zu beseitigen, Befehl, das Lager zu sprengen?
Kaindl: Jawohl. Am 1. Februar 1945 hatte ich ein Gespräch mit dem Chef der Gestapo, Müller. Er übermittelte mir dabei den Befehl, das Lager durch Artilleriebeschuß, Luftangriff oder Vergasung zu vernichten. Die Durchführung dieses Befehls, der von Himmler stammte, war aber technisch unmöglich.
Staatsanwalt: Hätten Sie den Befehl ausgeführt, wenn es technisch möglich gewesen wäre?
Kaindl: Selbstverständlich. Aber es ging nicht. Bei Artilleriebeschuß oder bei einem Fliegerangriff wäre die Bevölkerung der Umgebung darauf aufmerksam geworden. Bei
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