zum SS- Standartenführer und zählte als solcher bereits zur höheren SS- Führerschaft, sozusagen zur» Elite der Herrenrasse«. Er war ein Mann, der in der Zeit, während welcher in Deutschland die Stimme der Humanität und Sittlichkeit zum Schweigen verurteilt war, das große Wort führen durfte, ein Mann, der über Leben und Tod von Tausenden und aber Tausenden seiner Mitmenschen bestimmen konnte und auch bestimmte. Er war der uneingeschränkte Herrscher über ein eigenes Reich, in dem keiner Zügellosigkeit und keinem Sadismus Schranken gesetzt waren.
Von jenem Cäsar von Himmlers Gnaden, dessen bloßes Auftreten im Lager Furcht und Schrecken unter Zehntausenden auslöste, ist nichts geblieber. Der protzige Silbertand ist von seiner Uniform gefallen, und nichts blieb- rein äußerlich gesehen- als die Jammergestalt des Spießers. Die kleine, untersetzte Gestalt dieses Münchners verrät noch immer eine Neigung zur Fettleibigkeit. Das runde, rosige, glattrasierte Gesicht gäbe ihm den Ausdruck des Harmlosen, der keiner Fliege etwas zuleide tut, stächen nicht hinter der dunklen Hornbrille zwei flackernde Augenlichter heimtückisch hervor.
Als er zur Vernehmung aufgerufen wird, springt er rasch hoch, stellt sich stramm dem Gerichtshof gegenüber, legt die Hände an die Hosennaht und ist sichtlich bemüht, durch ein Benehmen zu wirken, das man einstmals unter seinesgleichen» zackige nannte. In seinem sauberen, gutsitzenden Uniformrock macht er zweifelsohne einen gepflegten Eindruck, aber das soldatische Gehabe wirkt in diesem Raum und unter diesen Umständen nur lächerlich.
Ruhig, sachlich, ohne Erregung und innere Bewegung beginnt er zu sprechen, gibt wohlüberlegt, prägnant Auskunft auf alle vorgelegten Fragen. Es hört sich an, als gäbe er Auskunft über ganz alltägliche Dinge. Dabei kommen Schlag auf Schlag aus seinem Munde so ungeheuerliche Geständnisse, daß sie ein Entsetzen nach dem anderen bei den Zuhörern auslösen.
Man fragt sich immer wieder, wie ein Mensch so ruhig und leidenschaftslos über schrecklichste Untaten berichten
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