seine Haut tätowieren lassen. Als man ihm vor dem letzten Gang das Hemd am Nacken aufschlitzte, standen dort die Worte eintätowiert: ,, Dem Henker geweiht". Was einst in frevlem Ubermut angebracht wurde, hat sich tatsächlich erfüllt; das Fallbeil fiel auf diese Inschrift!

Schon Wochen vorher hatte das Berliner Justizministerium ange­ordnet, daß die Guillotine aus der luftgefährdeten ,, Hauptstadt der Bewegung" in gesichertere Umgebung ,, evakuiert" würde, doch ver­wahrten sich begreiflicherweise die in Frage kommenden Gefängnis­direktoren entschieden, dieses Erbe anzutreten. Die Verhandlungen gin­gen hin und her, ohne daß die Enthauptungsmaschine stillstand. End­lich, am Freitag, den 13. April 1945, wurde in den frühen Morgen­stunden das Mordwerkzeug abmontiert und samt den zahlreich noch in Stadelheim verwahrten ,, Todeskandidaten" auf mehrere Lastkraftwagen verpackt und nach Straubing befördert. Ganz Stadelheim atmete auf. In Straubing kam es nicht mehr zur Aufstellung und Tätigkeit. Die dortige Zuchthausdirektion fürchtete Meuterei. Zu leicht hätten die bis­herigen Henker und Gerichtsinstanzen selbst unliebsam mit dem Scha­fott in Berührung kommen können. Darum wurden die einzelnen Teile bei Nacht und Nebel durch Gefängnisbeamte in die Donau versenkt. Damit schloß ein grauenhafter Abschnitt deutscher Justiz ab. Freilich, die Blutspur, die sie hinterließ und das Meer von Tränen, das sie her­vorbrachte, werden nie mehr abgewischt werden können. Durch sie ist nicht nur Stadelheim für immer befleckt.-

95

95