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schließlich auch zu meiner ersten Straftat führte. Nach Verbüßung derselben ging es dann mit mir weiter abwärts, so daß ich nun unter dem Schafott enden muß. Ich möchte nun hier jeden einzelnen Menschen bitten, mir einige Minuten Gehör zu schenken. Warum ich soweit gekommen bin, hat seinen Grund nur darin zu suchen, weil ich das Beten verlernt und damit die innere Verbindung mit Gott verloren habe. Es gibt im Leben wohl nichts Schlimmeres, als Beten zu wollen und nicht mehr zu können. Ich möchte daher jedem einzelnen zurufen: , Haltet an am Gebet!' Es glaubt wohl mancher, daß es für ihn zu spät sei. Nein, zur Umkehr ist es nie zu spät, und unser Herr Jesus Christus nimmt jeden, und mag er noch so sehr in der Sünde stecken, an und vergibt ihm. Deshalb möchte ich, daß mein Ruf, den ich hier in meinen letzten Stunden schreibe, nicht ungehört verhallen möge, sondern daß derselbe eindringen möge in die Herzen und dieselben öffnen. Es wird vielleicht mancher denken oder auch sagen: Ja warum hat er sich dann in seinem Leben nicht zu seinem Heiland gehalten? Ja warum? Weil mir das Leben und die Welt lieber war und vor allem, weil ich das Beten verlernt hatte. Deshalb ging es ja mit mir auch immer weiter abwärts. Doch nun habe ich hier in meiner Einsamkeit das Beten gelernt und damit zu meinem Gott wieder gefunden und vor allem das felsenfeste Vertrauen, daß mir meine Sünden vergeben werden, und dies macht mir meine letzte Stunde und meinen letzten Gang leicht. Und möchte ich nochmals jedem einzelnen zurufen, wenn er vor der Wegkreuzung zum Guten oder Bösen steht: Kehre um, gehe nicht die breite Straße der Lust, sondern den schmalen Weg der Buẞe, wenn es auch schwer fällt, aber es wird doch immer zu deinem Nutzen, sein! Und nun will ich schließen und somit nochmals jedem einzelnen zurufen: Bleibt standhaft im Gebet, so kann euch nichts anfechten, denn die Welt kann euch das nicht geben, was euch für die Ewigkeit notwendig ist! In diesem Sinne rufe ich nochmals: ,, Haltet an am Gebet...!"
In meiner Todesstunde N. N."
Ein erschütternder Rückblick:
,, Meine liebe Mutter! Eben habe ich erfahren, daß die heutige Nacht meine letzte ist. Ich möchte Dir darum noch einmal schreiben. Liebe Mutter, vor allem möchte ich Dir hier an dieser Stelle noch einmal für alle Deine große mütterliche Liebe, welche Du mir besonders im letzten Jahr während meiner Haft hast angedeihen lassen, danken.


