Zu Beginn des Jahres 1942 wurde nun eine Fleckfieber- Versuchs-Station eingerichtet. In der ersten Zeit versuchte man aus dem Blut von Pferden, die durch fleckfieberbazillen- tragende Kleiderläuse infiziert worden waren, indem man sie in: verlauste Decken eingehüllt hatte, ein Serum gegen die Krankheit zu gewinnen. Der Tierversuch schlug aber fehl. Nun ging man systematisch dazu über, Fleckfieberkranke und gesunde jüdische Häftlinge nackt, nur in total verlauste Dek- ken eingewickelt, in abgelegene Bunkerzellen zu sperren, um nach einigen Tagen, nach der Methode Weigl, aus den Läuse- därmen, in denen der Erreger des Flecktyphus, ein Mikro- organismus, das Bakterium Rickettsia Prawozeki lebt, das Weiglsche Serum in größerer Menge zu gewinnen. Die ge- wissermaßen alsNährboden-für die Läusezucht komman- dierten Juden starben restlos in Ermangelung jeder ärztlichen Betreuung. Es dürften dies im Laufe der Zeit einige hundert gewesen sein, bis man auch diese Art der Serumgewinnung wieder aufgab und sich anderen Methoden zuwandte. Das ge- wonnene Weiglsche Serum diente in erster Linie zur Schutz- impfung der SS -Wachtruppe.

Besonders der damalige Lagerarzt, Obersturmführer Dr. Vetter, sah in allen Fleckfieberkranken nur seine mensch- lichen Versuchsobjekte und er schämte sich nicht im gering- sten, die vom Häftlingsarzt Dr. Suliborsky und anderen pol- nischen Ärzten schriftlich niedergelegten Erkenntnisse bei :höheren Reichsstellen als die seinen auszugeben. Dr. Vetter, der auf Grund seiner angeblichenForschungen auf dem Ge- biet des Fleckfiebers zum Obersturmführer befördert wor-

den war, wurde später versetzt, angeblich nach Wan wahr-

scheinlich nach Buchenwald .

In der, dem Häftlingskrankenbau angegliederten Pathologi - schen Abteilung, der gleichzeitig auch der Sektionsraum im Krematorium unterstand, wurden von an Fleckfieber Ver- storbenen pathologische Präparate angefertigt, die dann meist an das Hygienische Institut der Waffen-SS nach Berlin oder an andere Forschungsstellen versandt wurden. Obzwar für Selbstmörder,Auf-der-Flucht-Erschossene und alle un- natürlich zu Tode Gekommenen ein Sektionszwang bestand, wurden Leichenschau- und Sektionsprotokolle nur papier- mäßig in der Krankenbauschreibstube hergestellt, von den Lagerärzten unterschrieben und den Totenpapieren beigefügt. Wer hätte diese Unmenge von Toten auch sezieren sollen? Die im Sektionsraum arbeitenden Häftlinge waren alles andere

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