Lagerstrafen wurden bei den Frauen auf die gleiche Art vollzogen wie bei uns. Nur der„Pfahl” war bei ihnen nicht üblich. Wurde eine Lagerstrafe an einem weiblichen Häftling vollzogen, so waren bei der Prügelei stets der Lagerführer mit seinem Stabe, ja oft sogar der Lagerkommandant Sturm- bannführer Heßler als Zuschauer zugegen. Moralische Hem- mungen waren ihnen fremd.
Nach wenigen Monaten wurde dieses provisorische Lager aufgelöst.... Die-Mauer wurde wieder abgetragen, die Blöcke nach Reinigung wieder unserem Lager eingegliedert, die Frauen kamen nach Birkenau bei Auschwitz .
Die hygienischen Verhältnisse im Lager Birkenau waren katastrophal. Es gab anfangs kein Licht, keine Wasserleitung, ja nicht einmal Latrinen waren vorhanden. Die Frauen ver- richteten ihre Notdurft vor den Blöcken. Dieser Mangel an Sauberkeit leistete der schnellen Ausbreitung des Fleckfiebers geradezu Vorschub.
Diese heimtückische, durch Kleiderläuse übertragbare Krankheit aus dem Osten grassierte in allen Lagern von Auschwitz . Da erhielt der Lagerälteste des Häftlingskranken-
bau einzurichten. Mit seinen Pflegern war er dort Tag für Tag tätig. Allmählich brachte er etwas Ordnung in das Chaos, das im Frauenlager herrschte.
Auch in unserem Lager wüteten die Infektionskrankheiten Fleckfieber und Bauchtyphus(Typhus abdominalis !) in er- barmungsloser und gräßlicher Form. Die Aufnahmen in die Isolierstation häuften sich.
Diese wurde anfangs von dem Häftlingsarzt Dr. Suliborsky aus Warschau geleitet. Er war es auch, der als Erster das Fleckfieber, dnexanthematicusPetechialtyphus, erkannte. Die SS -Aerzte standen dieser Seuche vollkommen unwissend und ratlos gegenüber. Nachdem die Diagnose die- ser geheimnisvollen Krankheit feststand, waren die Erkrank- ten nur noch das Material, mit dessen Hilfe sie versuchten, ihre ungenügenden und mangelhaften. medizinischen Kennt- nisse zu ergänzen. Sie kamen zur Isolierstation, angefangen vom Sturmbannführer bis herab zum Untersturmführer und ließen sich die Kranken vorführen, bestaunten das Exanthem, stellten Fragen, hüteten sich aber, aus Angst vor Ansteckung, auch nur einen der Kranken selbst zu berühren und zu unter- suchen.


