karte und stellte sich mir gegenüber in der Nähe der Sperre auf. Es herrschte ziemlich reger Verkehr, ich sah einfache Soldaten, Offiziere und SA - Männer, vermutlich wollten sie zu einer Feier von Hitlers Geburtstag.

Halt-da kam der kleine Mann, langsam schritt er zur Sperre, ich schloß mich ihm an. So, jetzt stand ich auf dem Bahnsteig und ging nach rechts. Ich konnte nichts sehen, meine Augen waren noch geblendet von dem Licht in der Bahnhofshalle. Da war auch schon Hella an meiner Seite. Jetzt hatten wir den nur aus wenigen Wagen bestehenden Zug erreicht. Der kleine Mann war schon dort. ,, Steigen Sie hier ein", sagte er leise ,,, hier haben Sie Ihre Fahrkarte. Ich steige erst nach der zweiten Station bei Ihnen ein, mir ist das Gewimmel hier zu gefährlich. Ich fahre mit dem Rad voraus." Er wandte sich ab, gleich darauf war er ver­schwunden. Hella war zurückgetreten, nun kam sie wieder zu mir, wir nahmen kurz Abschied voneinander. Ich konnte kaum sprechen, es saß mir wie ein Kloß in der Kehle. Sie war fort, der letzte Mensch, der die Brücke zur Vergangen­heit und meinem ganzen bisherigen Leben bildete. Ich stieg in den bezeichneten Wagen, der noch fast leer war, und setzte mich gleich an der Tür auf eine freie Bank.

Der Zug fuhr ab, der Wagen hatte sich inzwischen ge­füllt. Wir ratterten im Bummelzugtempo durch die Nacht, unser Wagen war völlig finster. Der Schaffner erschien und verlangte die Billette. Ich reichte meines hin, auch die übrigen Insassen gaben die ihren ab. Er kam noch einmal zurück und fragte mich, mir mit seiner Taschenlampe ins Gesicht leuchtend: ,, Wo steigen Sie aus?" Ich erschrak, ich hatte keine Ahnung, es war viel zu dunkel gewesen, um den Stationsnamen auf der Karte lesen zu können. Ich sagte auf gut Glück: ,, Bei der dritten Haltestelle!" Er verließ den Wagen. Ich blieb in großer Unruhe zurück. Die erste Station war vorbei, wir hielten auf der zweiten und ver­ließen auch diese wieder. Die Tür öffnete sich, jemand kam herein und setzte sich mir gegenüber. ,, Da bin ich", sagte

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