letzten Jahren ständig seine Lehrer gewechselt hätten, und Rolf gewöhnt sich nicht leicht an einen neuen. Außerdem hatten die Eltern keine Zeit, mit ihm zu arbeiten, was nö­tig gewesen wäre. Dabei halte ich ihn absolut nicht für dumm oder unbegabt, aber für sehr langsam, verträumt und unkonzentriert, auch nicht für so interessiert, daß es ihn allein zum Arbeiten zöge. Doch ist er gutwillig und gibt sich jetzt durchaus Mühe. Zum ,, Dienst" in der Hit­ lerjugend geht er fast niemals, auf Vorhalt von Lotte er­klärte er: ,, Die meisten in meiner Klasse gehen nur ganz selten zum Dienst, es kümmert sich auch niemand darum, weil fast alle Schar- und Gruppenführer bei den Soldaten sind. Und begeisterte Nazis haben wir in der Klasse höch­stens drei. Laß mich nur machen, Mutti, es geschieht mir sicher nichts", und damit verschwand er fröhlich pfeifend, um zum Schwimmen zu gehen.

Freiburg , den 26. August 1943.

Die drei Monate, die ursprünglich für meinen Aufenthalt hier festgesetzt waren, sind fast um, aber schon lange haben Lotte und der Wackes mir vorgeschlagen, weiter bei ihnen zu bleiben. Ich tue es nur zu gerne, ich fühle mich wohl hier.

Rolf ist wirklich sitzen geblieben. Er war zu Beginn der Ferien vierzehn Tage in Heidelberg bei Freunden vom Wackes. Nach seiner Rückkehr haben wir sofort ange­fangen, intensiv und systematisch zu arbeiten. Anfangs wurde es ihm schwer, sich zu konzentrieren, aber jetzt geht es recht gut voran. Er bekommt ein Gefühl der Sicherheit, und sein ganz geschwundenes Selbstbewußtsein beginnt sich wieder einzustellen. Er gehört zu den Kindern, die man ermutigen muß, weil sie sich selbst gar nichts mehr zu­

276