bewältigen konnte. Du kennst ja den Feldberg, und ich kann mir eine ausführliche Schilderung ersparen. Ich wünschte nur, ich könnte Dir erklären, was solch ein Aus­flug mir bedeutet nach der langen Zeit des Eingesperrt­seins zwischen Mauern und das ist wörtlich und im übertragenen Sinne zu verstehen! Zwar liegt auch jetzt noch ein starker Druck, der durch meine ganze Lage, die Trennung von Dir und den Kindern, die Nachrichtenlosig­keit und die Unruhe und Angst um das Schicksal so vieler naher Menschen bedingt ist, auf mir, doch muß der eben getragen werden. Er ist am schlimmsten nachts; dann läßt er mich kaum schlafen und äußert sich immer wieder in schlimmen Träumen, wenn ich schließlich doch einge­schlummert bin. Aber wo steht geschrieben, daß ich in die­sem entsetzlichsten aller Kriege, in diesem täglich wach­senden Meer von Leid und Not nicht das mir bestimmte Teil davon auf mich nehmen muß?! Ich habe ja vor den meisten meiner unglückseligen Rassen- und Schicksalsge­fährten zwei ganz große Dinge voraus: Ich bin jetzt nicht unmittelbar an meinem Leben bedroht, und ich weiß, daß Du und die Kinder vor Peinigungen durch die Nazis, vor Deportationen und schrecklichem Hinmorden bewahrt seid! Daneben wiegt alles andere leicht!

Rolf muß wirklich sehr schlecht in der Schule sein; ich fürchte, ich werde ihn vor dem Sitzenbleiben zum Schluẞ des Schuljahres Mitte Juli nicht mehr bewahren können. Sowohl im Englischen wie in der Mathematik ist er sehr zurück, aber es hapert leider auch in den übrigen Fächern. Ich habe den Eltern gesagt, daß es meiner Meinung nach richtiger wäre, ihn die Klasse wiederholen zu lassen, da die Lücken zu groß sind, um sie in kurzer Zeit ausfüllen zu können. Jetzt kann man nur bei den täglichen Schul­arbeiten helfen. Ist er sitzen geblieben, muß man ganz sy­stematisch das Englische von Anfang an neu mit ihm durch­nehmen, ebenso deutsche Grammatik und das Mathematik­pensum der Klasse. Sein Vater erklärte mir, daß in den

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