zimmer ist, Maierchen, aber ich bin ein Frühaufsteher und werde sehr leise morgens hier durchgehen. Sie sollen so lange schlafen, wie Sie wollen, und haben dann die Wohnung ganz für sich!" Wir verabredeten noch, daß ich übermorgen, also am 8. Dezember, abends einziehen würde. Dann verabschiedeten wir uns.
Gretchen und ich kehrten in fast übermütiger Stimmung zu den ängstlich unser Harrenden zurück. Sie lauschten unserem Bericht wie Kinder einem spannenden Märchen. Und war es nicht eines? Erschien es nicht märchenhaft, daß ein völlig fremder Mann in der rücksichtsvollsten, zartesten Weise das Risiko, mich zu beherbergen und zu ernähren, auf sich nahm und so tat, als geschehe ihm noch ein Gefallen damit? Fröhlich zog Eva mit mir zu Erna und Gustav zurück. Wir beschlossen, schon um Onkel Karls willen, nur das Notwendigste von meiner neuen Bleibe zu erzählen. Beim Abschied sagte mir Eva, sie sei wie von einem Alpdruck befreit wegen der überraschend günstigen Lösung der schwierigen Angelegenheit.
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Am Dienstagabend bin ich dann hier eingezogen. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie mir zu Mute ist! Das Alleinsein den ganzen Tag über tut mir wohl. In aller Ruhe beginne ich aufzuräumen, und am Abend spart Onkel Karl nicht mit Ausdrücken seiner Freude über die allmählich sich einfindende Ordnung und Behaglichkeit. Wir beide verstehen uns gut. Allein das Gefühl, etwas nützen zu können und nicht mehr als gefährliche Belastung empfunden zu werden, gibt mir Sicherheit und das notwendige Selbstgefühl zurück. ,, Sie sehen schon ganz anders aus, Maierchen, als bei Ihrem Einzug, und Sie werden mich ganz glücklich machen, wenn Sie mir erst sagen können, daß Sie bei mir wieder an Gewicht zunehmen. Schmeckt es Ihnen denn bei mir?" Ich konnte nur lachend bejahen. Ich glaube wirklich, hier werde ich mich richtig erholen, alle Vorbedingungen sind dafür gegeben. Allmählich wird mir auch klar, warum ich in den Monaten bei Erna und
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