erschrocken, weil ich fürchtete, Gustav und Erna würden böse sein über diesen Bruch unseres Versprechens, nieman- dem von den alten Freunden etwas über mein Verbleiben zu verraten, aber dann siegte doch die Freude, sie wieder- zusehen. Erna hatte auch durchaus Verständnis dafür und versprach, auch Gustavs eventuellen Unmut zu beschwich- tigen. Zwei Tage später stand Irma vor mir. Wir waren zuerst beide außerstande zu sprechen und fielen uns wei- nend um den Hals! Wir wußten, daß wir an unser letztes Zusammensein dachten, als wir uns alle miteinander, Du, Tilla, die beiden und ich im Isartal Anfang August 1939 zu einem gemeinsamen Spaziergang trafen. Von da an waren wir nur schriftlich in Verbindung gewesen, und die letzten Monate im Heim hatten mir keine Zeit und Kraft mehr für private Korrespondenz gelassen. Wie gut tat es nun, Irma wiederzusehen! Allmählich begannen wir dann zu fragen und zu erzählen, und seitdem besuchten mich beide Freundinnen abwechselnd mindestens jede Woche einmal. Ich glaube zwar, daß es Gustav zuerst sehr gegen den Strich ging, zwei neue Mitwisserinnen des Geheimnisses zu haben, aber er hat mir nichts gesagt. Sein Gerechtig- keitsgefühl läßt ihn sicher meine Unschuld daran er- kennen.—
Ende November schrieb mir Eva, daß sie am 5. Dezember, einem Samstag, kommen werde. Sie sei abends gegen halb- neun Uhr in Berlin und könnte bis zum Sonntagabend blei- ben. Ich sollte ihr schreiben, ob sie wohl bei uns übernachten könne. Erna war dazu bereit, Platz und Möglichkeit waren genügend vorhanden. Ich hatte sie nur ungern um diese neue Gefälligkeit gebeten, ihre Unzufriedenheit mit meiner Arbeit im Haushalt war trotz aller Mühe, die ich mir gab, eher größer als geringer geworden. Ich war mir darüber klar, daß ich hier fort mußte, und ich wollte das mit Eva besprechen. Gustavs Unruhe und Angst hatten sich noch gesteigert. Er war abends kaum im Hause, da hörte ich ihn Erna fragen, ob alles in Ordnung sei. Ich weiß nicht, was
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